pts19980421009 Unternehmen/Wirtschaft, Politik/Recht

Banken machen sich selbst ihre Börsekurse

Bankkunden vor allem bei Optionsscheinen geschädigt


Wien (pts009/21.04.1998/11:52) Unglaubliche Zustände im Handel mit Wertpapieren, vor allem Optionsscheinen, deckt der Börsen-Kurier in seiner Ausgabe von Donnerstag, dem 23.4., auf. Österreichische Banken, darunter auch bekannte Großbanken, bringen ihre Aufträge nicht an die Börse, sondern erledigen sie außerbörslich und beschaffen sich die für sie günstigsten Kurse dadurch, daß sie an der Börse kleine Mengen der jeweiligen Aktien an sich selbst verkaufen. Für diese Vorgangsweise gibt es sogar einen eigenen Fachausdruck. Man nennt sie "Durchzug".

Vor allem im "sonstigen Wertpapierhandel", wo unter anderem viele Optionsscheine notieren, ist diese Vorgangsweise die Regel. Der Börsen-Kurier zitiert Mag. Robert Sumann von der Wiener Börse AG mit den Worten: "Was dort geschieht, ist vorwiegend Durchzugsgeschäft, ein Fixing. Der Handel passiert meist außerbörslich am Telefon."

Was diese Vorgangsweise bedenklich macht, ist die Tatsache, daß die Käufer von Optionsscheinen und anderen Wertpapieren im Glauben gelassen werden, daß sie ihre Papiere zu einem fairen Kurs wieder verkaufen können. Bei Optionsscheinen bedeutet dies, daß der Wert der Scheine mit dem Kurs der zugrundeliegenden Aktien korrespondiert. Die irreführende Bezeichnung "sonstiger Wertpapier h a n d e l " scheint dies ja zu suggerieren.

In der Praxis ist es hingegen so, daß die Taxen im Sonstigen Wertpapierhandel oft ohne Verbindung zum Wert der zugrundeliegenden Aktie absichtlich in einer Weise festgesetzt werden, die es dem Käufer der Papiere unmöglich macht, diese mit Gewinn zu verkaufen.

Der Präsident des IVA - Interessenverband für Anleger Dr. Herbert Laszlo erklärt dazu: "Wenn eine Nichtbank so etwas tut, dann gilt das als schwerer gewerbsmäßiger Betrug. Berater aus dem Nicht-Bank-Bereich sind bereits wegen geringfügigeren Fehlverhaltens in Untersuchungshaft genommen worden."

Erschreckend ist laut Laszlo, daß die - von den Banken wesentlich beeinflußte - Börse- und Wertpapier-Gesetzgebung diese Vorgangsweisen stillschweigend duldet, so daß Anleger, die sich direkt oder über den IVA beschweren, die Antwort erhalten, das sei alles legal. Die Konsumenten fühlen sich auch von der Staatsanwaltschaft im Stich gelassen, die zumindest in krassen Fällen einschreiten müßte, auch wenn die TäterInnen in einer Bank sitzen.

(Ende)
Aussender: Börsen-Kurier / OBSERVER
Ansprechpartner: Dr. Herbert Laszlo, Tel. 01/213 220
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