pte20210506003 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

"Auslandsagent": Russisches Radio wehrt sich

Kreml setzt Ultimatum - Radio Liberty/Radio Free Europe soll zwei Mio. Euro Strafe zahlen


RFE/RL: Im Visier des Kreml (Foto: Wikimedia commons, Petr Kadlec)
RFE/RL: Im Visier des Kreml (Foto: Wikimedia commons, Petr Kadlec)

Moskau (pte003/06.05.2021/06:10)

In Russland geht die Regierung immer härter gegen unliebsame kritische Medien vor. Jüngstes Opfer ist das 1931 gegründete Radio Liberty/Radio Free Europe (RFE/RL) http://rferl.org , dessen Moskauer Büro schon nächste Woche von den Behörden geschlossen werden könnte. Dann läuft ein Ultimatum des Kreml aus, das den Sender dazu zwingen soll, eine Strafe von 2,4 Mio. Dollar (rund zwei Mio. Euro) zu zahlen, weil dieser sich dagegen verwehrt, seine Inhalte mit dem Vermerk „ausländischer Agent" zu kennzeichnen.

[b]"Wollen uns kastrieren"[/b]

„Sie wollen uns entweder unserer physischen Präsenz im Land berauben oder uns kastrieren, um uns die Kraft zu nehmen, mit unserem Content unser Publikum zu erreichen", zitiert der britische „Guardian" den Vorsitzenden von RFE/RL, Jamie Fly. „Das ist die Wahl, die sie uns aufzwingen wollen", schildert der Senderchef seine schwierige Lage. Man werde auf die Einschüchterungsversuche aus dem Kreml aber nicht eingehen und die geforderte Strafzahlung keinesfalls tätigen. „Wir werden kämpfen, um unser Moskauer Büro offen zu halten", betont Fly.

In den vergangenen Jahren ist es für RFE/RL eigentlich sehr gut gelaufen. So konnte der Sender etwa sein Operationsgebiet ausweiten, es wurde viel im digitalen Bereich investiert und ein Netzwerk an regionalen Freelancern aufgebaut. „Wir waren auch im Fernsehen zunehmend erfolgreich und haben über jeden Protest in Moskau oder Belarus berichtet", erklärt Kiryl Sukhotski, Regionaler Leiter für Europa und TV-Produktionen: „Als Alexei Navalny nach Russland zurückkehrte, haben wir seine Verhaftung und die anschließenden Proteste live gestreamt. Das haben 42 Mio. Menschen gesehen."

[b]Strenge Gesetze[/b]

Dass Russland in punkto Pressefreiheit eher ein abschreckendes Beispiel als ein Vorzeigeland ist, dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein. In der jährlich von Reporter ohne Grenzen http://rog.at publizierten globalen Rangliste rangiert die Russische Föderation in diesem Zusammenhang aktuell nur auf Platz 150 von 180 zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Honduras.

Um sich besser gegen potenzielle Einmischung aus dem Ausland zu schützen, hat die Regierung im Kreml im letzten Jahr eine Reihe von strengen Gesetzen erlassen, die die ohnehin schon prekäre Lage für kritische Medien noch weiter verschlimmern. Besonders kritisiert wird dabei die Vorschrift, dass sogenannte „ausländische Agenten" im Mediensektor alle Inhalte, die sie produzieren, auch ausdrücklich per Text-, Audio- oder Videohinweis als solche deklarieren müssen. „Das ist ein staatlicher Eingriff in unseren redaktionellen Content. Das dürfen wir nicht zulassen", meint Sukhotski.

(Ende)
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