pte20120213017 Umwelt/Energie, Handel/Dienstleistungen

Elektroschrott: Westafrika teils selbst schuld

Steigender Verbrauch der Region lässt Müllberg wuchern


Altfernseher-Friedhof in Nigeria: EU-Exporte oft reiner Schrott (Foto: Empa)
Altfernseher-Friedhof in Nigeria: EU-Exporte oft reiner Schrott (Foto: Empa)

Basel (pte017/13.02.2012/12:45) 650.000 bis eine Mio. Tonnen Elektroschrott fallen in Westafrika jährlich an. Die Hauptverantwortung für diesen Müllberg trägt die Region selbst, kommt ein Bericht der Basel-Konvention http://basel.int des UN-Umweltprogramms zum Schluss. "Das E-Waste-Problem dieser Region ist zum Großteil selbst gemacht. Der illegal aus Europa importierte Elektroschrott verschärft es nur zusätzlich", erklärt Matthias Schluep, Berichtsautor und Forscher bei der Empa http://empa.ch , im pressetext-Interview.

Benin, die Elfenbeinküste, Ghana, Liberia und Nigeria nimmt der UN-Bericht unter die Lupe - fünf Länder, in denen sich das Elektroschrott-Problem und dessen schlimme Umwelt- und Gesundheitsfolgen besonders deutlich zeigen. Die wichtigsten Importeure sind Nigeria und Ghana. "70 Prozent aller eingeführten Elektro- und Elektronikgeräte der Region sind gebrauchte Second-Hand-Produkte. Rund ein Drittel davon sind nicht funktionstüchtig und somit laut dem Basler Abkommen illegal", berichtet Schluep. Die Hälfte dieses Anteils wiederum wird repariert, bis zu 15 Prozent der Gesamtimporte sind allerdings reiner Schrott.

Raketenstart für Handy und Computer

Somit sind die gebrauchten, jedoch noch verwendbaren Importgeräte die größten langfristigen E-Waste-Verursacher. Auch wenn Westafrika im weltweiten Vergleich mit Elektrik und Elektronik noch unterversorgt ist, steigt die Nachfrage enorm: Die Quote der Computerbesitzer hat sich seit 2000 verzehnfacht, jene der Handynutzer gar verhundertfacht. Folgen des boomenden Geräteverschleißes sind die Verseuchung vieler städtischer Regionen, in denen nicht brauchbare Teile mit unzureichenden Methoden zerlegt und endverwertet werden (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20111031009 ).

Die westafrikanischen Staaten müssen ihre Elektroschrott-Sammelsysteme verbessern, fordert der Bericht. Nigeria leistete hier Pionierarbeit, als es im Vorjahr ein Gesetz für Elektroimporte und für Elektroschrott-Management verabschiedete, die Umsetzung steht jedoch noch aus. Ghana steuert ähnliche Vorhaben an und will international mehr kooperieren. Für die Region sei es vorteilhaft, händische Arbeitsschritte selbst zu übernehmen und globale Handelspartner zu finden, schätzt der Empa-Experte. "Sammelt man genügend gebrauchte Leiterplatten, könnte man diese durchaus auf dem Weltmarkt verkaufen."

Europas Bringschuld

Ein Freibrief für Europas Lücken in der Elektromüll-Entsorgung ist der Bericht allerdings nicht. "Drei bis fünf Prozent des E-Wastes der EU wird nach Westafrika exportiert, was jährlich 250.000 Tonnen ausmacht. Das ist mehr als die doppelte Menge des Elektroschrotts der Schweiz", verdeutlicht Schluep. Verbesserungen könnte ein im Januar 2012 verabschiedetes EU-Gesetz bringen: 45 Prozent der verkauften Neugeräte müssen ab 2016 wieder recycelt werden, ab 2019 sogar 65 Prozent. Derzeit landen alleine in Deutschland 142.000 Tonnen der Elektrokleingeräte pro Jahr in der Mülltonne statt im Recycling.

Weitere Zahlen aus dem Bericht: 75 Prozent der Elektronik-Importcontainer auf dem nach Nigeria stammen aus Europa, 15 Prozent aus Asien und je fünf Prozent aus Afrika und Nordamerika. In Ghana beträgt der EU-Anteil sogar 85 Prozent, wobei England und mit einigem Abstand Frankreich und Deutschland die wichtigsten Herkunftsländer sind. "Überraschend ist dabei, dass die Importe aus Asien neuerdings stark ansteigen", betont Schluep.

(Ende)
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