pts20080225006 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

VAT: Vorschlag zur Breitband-Deregulierung ist abzulehnen

VAT sieht gravierende Folgen für den Wettbewerb


Wien (pts006/25.02.2008/08:41) Entwurf widerspricht Ansicht der Europäischen Kommission / in Österreich andere Voraussetzungen als in Großbritannien

"Wenn man in Österreich wieder zum Monopol zurückkehren möchte, soll man das gleich sagen", meint Robert Hackl, Vize-Präsident des Verbands Alternativer Telekom-Netzbetreiber heute zum Vorhaben der Regulierungsbehörde, die Telekom Austria (TA) am Breitbandmarkt teilweise aus der Regulierung zu entlassen. Denn ohne Regulierung in den Ballungsräumen sei es nur eine Frage der Zeit, bis die TA den Wettbewerb aus dem Markt gedrängt habe. Die TA könnte ungestört ihr Netz auf ein Next Generation Network aufrüsten. Und der Mitbewerb, der historisch bedingt nicht über dieselben Voraussetzungen verfügt, würde langsam ausgehungert. "Das wäre das Ende des Wettbewerbs am Breitbandmarkt", ergänzt Alfred Pufitsch, Vize-Präsident des VAT.

Seit der letzten Marktanalyse hat die TA ihren Breitband-Marktanteil von 44% auf 47% steigern können Durch die De-Regulierung der Ballungsräume würde sich diese Entwicklung verstärkt fortsetzen. Die TA wäre nicht mehr verpflichtet, ihre aus Monopolzeiten vorhandene Infrastruktur anderen ISPs auf Vorleistungsebene anzubieten. Und da sie selbst auf Endkundenebene tätig ist, hat sie auch gar kein Interesse daran, ihren Konkurrenten ein faires Angebot zu machen. Schon jetzt verbucht die TA im Festnetz-Geschäft mehr als 90 Prozent der Gesamtprofite und verrechnet den Österreichern für ein altes Telefonnetz jährlich etwa eine halbe Milliarde Euro an Grundgebühr - fast 200 Euro je Familie mit Festnetzanschluss.

Widerspruch zu europäischen Vorgaben
Die alternativen Netzbetreiber erwarten sich allerdings von der TKK eine Revidierung der Entscheidung im Zuge des Konsultationsverfahrens. Denn der Entwurf konnte noch nicht Rücksicht nehmen auf die diese Woche veröffentlichte Entscheidung der Europäischen Kommission (EK) zur geographischen Segmentierung des Breitbandmarktes in Großbritannien. Daher widerspricht der Entwurf der Ansicht der EK in mehreren Punkten.

Nach Ansicht der EK ist eine geographische Segmentierung - wenn überhaupt - anlässlich der Marktdefinition durchzuführen und nicht wie im Entwurf vorgesehen erst bei der Marktanalyse. In Österreich ist der betreffende Breitbandmarkt jedoch national - also österreichweit - definiert. Eine Differenzierung von geographischen Gebieten bei den auferlegten Verpflichtungen sei demnach nach Auffassung des VAT gar nicht zulässig. Außerdem liegen wesentliche Voraussetzungen für eine Segmentierung, die von der EK gefordert werden, wie beispielsweise ein geographisch differenziertes Preissetzungsverhalten der TA, in Österreich nicht vor. "Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung von der TKK abgeändert wird, um die europäischen Vorgaben zu berücksichtigen und ein Veto der Europäischen Kommission zu vermeiden", zeigt sich Hackl zuversichtlich.

Kritik am Regulator
Wenn man schon den Vergleich zu Großbritannien zieht dann vollständig, fordert der VAT. Denn bevor der britische Breitbandmarkt dereguliert wurde, erfolgte die Trennung der British Telecom (BT) in eine Infrastruktur- und eine Servicegesellschaft. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass alle Betreiber die gleichen Chancen am Markt haben und daher ein funktionierender Wettbewerb sichergestellt werden kann. Dann und nur dann könne man auch über eine De-Regulierung nachdenken. "Während die britische Regulierungsbehörde eine solche Trennung aktiv herbeigeführt hat, scheint man hierzulande daran zu glauben, dass die TA eine Trennung von sich aus anbietet - so wird das sicher nicht funktionieren", kritisiert Pufitsch die jüngsten Aussagen zum Thema funktionale Trennung.

Auch in den wichtigen Details bleibt der österreichische Entwurf hinter seinem britischen Vorbild zurück: während die britische Regulierungsbehörde eine Übergangsfrist von einem Jahr vorsieht und auf Zusagen der BT bestanden hat, weiterhin Vorleistungsprodukte anzubieten und die Preise dafür in allen Gebieten jährlich bis 2010 zu senken, lässt der österreichische Entscheidungsentwurf Ähnliches vermissen und lässt der TA komplett freie Hand.

Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT)
Der VAT ist die Interessenvertretung der aufgrund der Liberalisierung in der Telekommunikation tätig gewordenen Betreiber und hat seit seiner Gründung im Jahr 1997 maßgeblich zur Schaffung fairer und wettbewerbsorientierter Rahmenbedingungen beigetragen. Zu seinen Mitgliedern zählen Unternehmen aus dem Festnetz- und Mobilbereich, die neben den klassischen Telekommunikationsleistungen wie Sprachdienste für Endkunden und dem Errichten von Kommunikations-Infrastruktur auch Datendienste und Datenanbindungen anbieten. Die dem Verband angehörenden Unternehmen erzielen pro Jahr insgesamt ca. 2,4 Milliarden Euro Umsatz. Von den neuen Betreibern wurden in den letzten Jahren rund 5 Milliarden Euro investiert.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

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(Ende)
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