pte20180823021 in Leben

Streaming: Serienhelden begünstigen TV-Sucht

Auch geringes Selbstwertgefühl beeinflusst Verlangen nach Reality-TV


Claus-Peter H. Ernst warnt vor den Folgen von TV-Streaming (Foto: Privat)
Claus-Peter H. Ernst warnt vor den Folgen von TV-Streaming (Foto: Privat)

Frankfurt am Main (pte021/23.08.2018/13:30) Streaming-Dienste bieten immer Zugriff auf eine Fülle von TV-Content und begünstigen auch die Abhängigkeit nach Fernsehserien - insbesondere durch die Identifikation mit den Figuren. Auch ein geringes Selbstwertgefühl beeinflusst die Sucht nach Reality-TV-Sendungen, wie zwei Online-Befragungen von je 100 Teilnehmern durch Forscher der Frankfurt University of Applied Sciences http://frankfurt-university.de und der SRH Hochschule Heidelberg http://hochschule-heidelberg.de zeigen.

Hohe soziale Zugehörigkeit

Die Identifikation der Zuschauer zu den Charakteren einer Fernsehserie sorgt für die Entwicklung eines sozialen Zugehörigkeitsgefühls. Dieses kann wiederum dafür sorgen, dass eine Sucht nach Fernsehserien begünstigt wird, warnen die Experten in der ersten Studie "TV series characters feel like friends to me - the influence of perceived belonging on tv series addiction".

"Die Zuschauer betrachten die Figuren der Serien als vertraute Freunde, an deren Leben sie gefühlten Anteil haben, und wollen mehr davon", erklärt der Frankfurter Professor Claus-Peter H. Ernst. Eine solche Beziehung zu fiktiven Figuren werde vor allem dann aufgebaut, wenn die Zuschauer Parallelen zur eigenen Person finden oder ihr Leben mit dem der Serienfigur vermischen. "Das führt zum sogenannten 'Binge Watching', das Sehen mehrerer Serienfolgen am Stück", erklärt Ernst. "Die Zuschauer fühlen sich akzeptiert und weniger alleine, sie können deshalb nicht aufhören, sich eine bestimmte Fernsehserie anzusehen."

Labile Menschen gefährdet

Auch merken die Wissenschaftler an, dass ein geringes Selbstwertgefühl die Sucht nach Reality-TV begünstigen kann. Die zweite Befragung "A study on the role of self-esteem in reality TV addiction" ist der Frage nachgegangen, ob Personen mit einem geringen Selbstwertgefühl mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Sucht nach diesem Fernsehformat entwickeln. "Wir kamen zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Sucht nach Reality-TV zu entwickeln, höher ist, wenn Personen ein geringes Selbstwertgefühl haben. Bei Menschen mit einer hohen Selbstakzeptanz spielen dagegen andere Faktoren eine größere Rolle, wie etwa das soziale Zugehörigkeitsgefühl, welches auch die Sucht nach Fernsehserien begünstigt", so Ernst.

Die Befragung folgte der Annahme, dass Menschen mit einem geringeren Selbstwertgefühl eine größere Motivation nach Selbstoptimierung haben als Personen mit großem Selbstbewusstsein. So könnte Reality-TV dazu dienen, dass die Zuschauer ihre eigene Lebenssituation mit dem Leben von weniger erfolgreichen Personen, die im Fernsehen dargestellt werden, vergleichen, um ihr subjektives Wohlbefinden zu steigern.

(Ende)
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