pte20120707002 in Leben

Internetkonzerne sagen Regimen den Kampf an

Firmen- und Wissenschafts-Vertreter sehen Netz-Zukunft optimistisch


Meinungsfreiheit: im Netz auch Sache der Konzerne (Foto: pixelio.de, Altmann)
Meinungsfreiheit: im Netz auch Sache der Konzerne (Foto: pixelio.de, Altmann)

Washington (pte002/07.07.2012/06:05) 51 Prozent der Teilnehmer an einer Befragung unter Führungskräften großer Internetkonzerne und Wissenschaftlern glauben, dass sich im Auftreten von Internetfirmen gegenüber Regimen bis zum Jahr 2020 ethische Werte gegen Profitstreben durchsetzen werden. Allerdings geht aus den Antworten hervor, dass viele optimistische Befragte ihre Wahl nur mit Hoffnung begründen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie http://bit.ly/N2Y96A des Pew Research Center http://pewresearch.org , für die 1021 Internet-Stakeholder befragt wurden.

Negativer Ausblick

"Bereits heute ist zu erkennen, dass die großen Unternehmen sich in den großen Märkten mit Regierungen beziehungsweise Regimen einigen werden. Werte werden selten über Profit gestellt. In kleinen Märkten wie Syrien ist es einfach, die Kooperation zu verweigern, da es dort nichts zu verdienen gibt. In China oder Indien sehe ich keine Tendenzen in diese Richtung", sagt Netzpolitik-Chefredakteur Markus Beckedahl http://netzpolitik.org gegenüber pressetext. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. "Google ist - nach einem mutmaßlichen Hack durch chinesische Sicherheitsbeamte - auf Konfrontationskurs mit Peking gegangen", so Beckedahl.

Was den Suchgiganten letztendlich wirklich zur Kooperations-Verweigerung getrieben hat, ist von außen kaum zu beurteilen. Auch mangelnder Erfolg im Reich der Mitte könnte beim Zurücknehmen des anfänglichen Kniefall vor dem Regime eine Rolle gespielt haben. Trotzdem glauben 51 Prozent der von Pew Befragten, dass sich Internetfirmen in Zukunft an einen Wertekodex halten werden. Allerdings geben viele der Optimisten zu, dass sie eigentlich überzeugt davon sind, dass es anders kommen wird, aber aus Hoffnung auf Besserung trotzdem das positive Szenario favorisieren. Die 39 Prozent der Befragten, die für ein freies Internet schwarz sehen und sich auch dazu bekennen, sind also nur die Spitze des Eisberges. Zehn Prozent haben sich der Stimme enthalten.

Open Source als Retter

Diejenigen, die tatsächlich von einer Verbesserung der Situation ausgehen, begründen ihre Wahl mit dem Argument, dass der Markt zu Kreuze kriechende Unternehmen bestrafen wird. Die Idee ist, dass User aus westlichen Demokratien unethisch handelnden Unternehmen die Unterstützung entziehen sollen. "Ich hoffe, dass Firmen, die Inhalte auf Zuruf von Regierungen zensieren, von ihren Nutzern in Scharen verlassen werden und deshalb gezwungen werden, einen vernünftigen Weg einzuschlagen", sagt etwa Jonathan Grudin von Microsoft. Auch Mark Watson von Netflix glaubt an dieses Szenario.

Andere Antworten sind - zumindest was das Verhalten großer Konzerne angeht - weitaus weniger optimistisch. "Große Technologiefirmen werden dem Druck der Regierungen unweigerlich nachgeben. Die gute Nachricht ist, dass das egal ist. Graswurzel-Bewegungen werden zunehmend auf Open-Source-Kapazitäten zurückgreifen, um den Einfluss von Regierungen in unserer digitalen Infrastruktur zu umgehen", erklärt Mike Liebhold vom Institute of the Future. Ob Open-Source-Technologie diese Rolle tatsächlich übernehmen kann, ist noch nicht erwiesen.

"Ich sympathisiere mit Grassroots-Bewegungen und Open-Source-Technologie, aber verlassen würde ich mich nicht darauf. Ein zunehmend monopolisiertes Internet beispielsweise könnte es leichter machen, offene Alternativen zu blocken", sagt Beckedahl. Zudem sind die Investitionen in Zensurtechnologie in Ländern wie China oder Indien enorm, was ein Umgehen in Zukunft erschweren kann.

(Ende)
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