pte20120614013 in Leben

Computerspiele machen theoretisch aggressiv

Wissenschaftler bestätigen schwachen Einfluss auf Sozialverhalten


Gewalt-Spiel: Streit um Einfluss auf Realität (Foto: pixelio.de, Kai Niemeyer)
Gewalt-Spiel: Streit um Einfluss auf Realität (Foto: pixelio.de, Kai Niemeyer)

Wien (pte013/14.06.2012/11:05) Im Rahmen der Vortragsreihe "Am Puls" hat der Wissenschaftsfonds FWF http://www.fwf.ac.at am Mittwochabend in Wien eine Diskussionsrunde zum Thema "Computerspiele und Sozialverhalten" abgehalten. Dass gewalttätige Computerspiele aggressives Verhalten bewirken können, steht laut Forscher Tobias Greitemeyer von der Universität Innsbruck http://www.uibk.ac.at mittlerweile außer Zweifel, was er vor allem durch die Ergebnisse einer Meta-Analyse bestätigt sieht. Besonders stark ist der Zusammenhang allerdings nicht. Zudem hängt der Einfluss eines Spiels von Inhalt und Umfeld ab.

Positive Folgen

"Eine Meta-Studie, die Ergebnisse von Untersuchungen mit insgesamt über 130.000 Probanden berücksichtigt, bestätigt die These. Auch wenn die Effekte nicht groß sind, kann dauerhaftes Spielen schaden", sagt Greitemeyer. In eigenen Studien hat sich der Wissenschaftler den Gründen für den Zusammenhang gewidmet. "Wir konnten zeigen, dass die Identifikation mit einer Spielfigur das aggressive Potenzial steigert. Auch die Darstellung von Gegnern als unhumane Wesen fördert aggressives Verhalten, da die Sicht in die Realität mitgenommen wird und Spieler dort dann weniger Hemmungen haben", so der Fachmann.

Auch übertriebene Gewaltdarstellungen in Computerspielen sollen Aggressionen fördern, weil sie Alltagsaggressionen als banal erscheinen lassen. Der Einfluss von Spielen muss allerdings nicht immer negativ sein. "Prosoziale Spiele haben viele positive Effekte, das haben wir ebenfalls untersucht. Hilfsbereitschaft und Mitgefühl können so gefördert werden. Leider gibt es wenige solche Spiele am Markt, und die Qualität ist viel schlechter als bei gewalttätigen Spielen, etwa was Sound und Grafik betrifft. Die Industrie ist scheinbar nicht bereit, solche Titel zu forcieren", so Greitemeyer.

Gemeinsam statt einsam

Der Einfluss von Computerspielen hängt von der Häufigkeit der Interaktion ab. Bei Spielern, die nicht regelmäßig vor dem Bildschirm sitzen, verschwindet die Aggressionsbereitschaft nach zehn bis 15 Minuten. Greitemeyer glaubt aber, dass es einen kumulativen Effekt bei exzessivem Konsum gibt. Entscheidend für die Auswirkungen von exzessivem Spielkonsum ist aber nicht nur Inhalt und Dauer des Spielerlebnisses, sondern auch das Umfeld. "Kooperatives Spielen fördert prosoziales Verhalten und mindert bei gewalttätigen Spielen die Enststehung von Aggression", erklärt der Fachmann.

Eine Verteufelung von Videospielen rechtfertigt der niedrige Korrelationskoeffizient laut Greitemeyer nicht. Auch Herbert Rosenstingel von der Bundesstelle für die
Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen http://bupp.at ist gegen Verallgemeinerungen: "Es gibt weder prototypische Spieler noch Spiele. Das Medium übt eine starke Faszination auf Menschen aus, da es schnelle Erfolgserlebnisse bietet, das Bedürfnis nach Interaktion befriedigt und die Möglichkeit schafft, Fantasien auszuleben."

Besorgte Eltern

Rosenstingl ist sich nicht sicher, ob Gewalt-Spiele wirklich Aggressionen bewirken: "Ein Kollege hat einst gesagt, dass ein abschließendes Urteil schwierig ist, wegen der methodischen Problematik." Wichtig ist laut dem Experten das Alter. "Ich sehe keinen übermäßigen Effekt durch sogenannte Killerspiele. Menschen wissen gewöhnlich, dass es sich um ein Spiel handelt. Lediglich bei Kindern ist das problematisch", so Rosenstingl.
Besorgten Eltern empfiehlt Rosenstingl, für das richtige Umfeld für die Kinder zu sorgen. "Exzessives Spielen kann manchmal einfach nur eine Phase sein. Jugendschutz-Empfehlungen können für Eltern als Richtlinie dienen, Verbote sind aber nicht zielführend. Spiele haben positives Potenzial, das aber erst durch das entsprechende Umfeld wirksam wird", so Rosenstingl.

Spiele seien für junge Menschen eine große Versuchung, wie andere Medien auch. "Der Leistungsdruck in unserer Gesellschaft fördert dieses Verhalten noch. Seriöse Studien sehen trotzdem nur 0,5 Prozent der Spieler als abhängig. Nimmt der Konsum überhand, sind die Eltern gefordert, Erfolgserlebnisse außerhalb der Spielewelt anzubieten", erklärt der Fachmann.

(Ende)
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