Journalisten im Osten ergreifen gerne Partei
Grundwerte-Verständnis klafft bei Meinungsbildnern weltweit auseinander
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Qualitätsjournalismus weltweit unterschiedlich ausgeprägt (Foto: aboutpixel.de, Rainer Sturm) |
Zürich (pte007/12.12.2009/13:35) Die Grundwerte von Journalismus wie Unparteilichkeit, Objektivität sowie kritische Kontrolle gegenüber politischen und wirtschaftlichen Eliten gelten allgemein als universelle Standards. Wie das Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich (IPMZ) aufzeigt, werden diese Prinzipien weltweit jedoch unterschiedlich interpretiert und angewandt. So ist auch das Verständnis des Begriffs journalistischer Qualität "zwischen Ost und West ein anderes", wie IPMZ-Oberassistent Thomas Hanitzsch im Gespräch mit pressetext erläutert.
Dem IPMZ zufolge ist den Journalisten die Zuverlässigkeit und Faktizität von Informationen weltweit wichtig. Jene Journalisten, die in einem politisch repressiven Umfeld arbeiten müssen, tendieren aber "zu einer weniger kritischen Haltung". Im Falle menschenrechtlicher Unsicherheit müssten die Meinungsbildner flexibler auf ethische Problemsituationen reagieren können und sich an möglichen Konsequenzen ihres Handelns orientieren.
Ohne Parteilichkeit keine Qualität
Zwar gleichen sich journalistische Standards in osteuropäischen Ländern wie Bulgarien oder Rumänien aber auch in Ägypten sowie mitunter in China immer stärker westlichen Richtwerten an. Große Unterschiede bestünden jedoch in der Frage, ob eigene Bewertungen und Deutungen in die Berichterstattung einfließen dürfen. "Journalisten in typischen Transformationsländern ergreifen gerne Partei", erklärt Hanitzsch. In Ländern, wo sich der soziale Wandel schnell vollzieht bzw. wo er am dringendsten benötigt wird, treten die Meinungsbildner bereitwillig dafür ein.
Der Journalismus reagiere auf die Bedürfnisse einer Gesellschaft. Im Osten oder in Lateinamerika etwa werde unter dem Verständnis eines Qualitätsjournalismus mitunter vorausgesetzt, Partei zu ergreifen und durch journalistische Tätigkeit der Gesellschaft einen Dienst zu erweisen. "Die Journalisten wollen mit ihrer Arbeit etwas Gutes tun", betont Hanitzsch gegenüber pressetext.
Verkaufsargument als Qualitätsmerkmal
Objektivität und Unvoreingenommenheit stehen dem IPMZ nach aber nicht unbedingt im Widerspruch zu einer Orientierungsfunktion des Journalismus. "Selbst in den USA als Heimat eines faktenzentrierten Journalismus schließt das Bekenntnis zur Faktentreue eine stärker interpretative Herangehensweise nicht aus." Gerade im Westen bestehe das Primat der politischen Information, diese müsse gleichzeitig jedoch "interessant und verkaufbar" sein.
Journalistische Grundprinzipien und der Qualitätsbegriff leiden jedoch nicht unbedingt unter dem Verkaufsargument. Diese orientieren sich vielmehr an den unterschiedlichen Mediengattungen. "In der Qualitätspresse hat der Qualitätsbegriff eine andere Bedeutung als in der Boulevardpresse", meint Hanitzsch. Hier überwiege beispielsweise das wirtschaftliche Verkaufsargument als Qualitätsmerkmal.
Vergleich von Journalismuskulturen (PDF-Download):
http://www.mediadesk.uzh.ch/articles/2009/journalismus-zwischen-kritischer-distanz-und-parteilichkeit-/Hanitzsch.pdf
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