pts20071113023 Medien/Kommunikation, Forschung/Entwicklung

Mobilfunkworkshop in Wien: Aktuelle Forschung im Fokus

Hochkarätige Experten berichteten über den aktuellen Stand der Wissenschaft


Wien (pts023/13.11.2007/13:14) Wenn Mobilfunkfelder überhaupt ein Risiko mit sich bringen, dann ist dieses sehr gering. Das ist das Ergebnis des Mobilfunk-Workshops "Handy und Co. Wie steht's mit der Gesundheit?" der Forschungsgemeinschaft Funk (FGF) in Zusammenarbeit mit dem FMK, vom 12.11., in Wien. Die hochkarätigen Experten referierten zum aktuellen Stand der Mobilfunk-Forschung und erläuterten verschiedene Wissensgebiete von Epidemiologie bis hin zur Risikokommunikation. Im Anschluss an die Referate diskutierten die Referenten angeregt mit dem Fachpublikum aus Politik, Verwaltung, Rechtswesen, Wissenschaft und Wirtschaft.

Handy und Krebs - die Interphone-Studie (Prof. Dr. Maria Blettner, Universität Mainz)
Dr. Maria Blettner, Direktorin des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik am Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz gab einen Überblick über das von der IARC (International Agency for Research of Cancer) koordinierte und von der EU geförderte sogenannte "Interphone"-Projekt zu Hirntumoren. An diesem bisher weltweit größten Mobilfunk-Forschungsvorhaben sind 13 Länder beteiligt. Nach dem Vorliegen der ersten Ergebnisse haben wir "keine relevanten Erhöhungen für Hirntumore nach der Telefonnutzung gesehen." Erste Ergebnisse zeigen bei der getrennten Betrachtung der sehr kleinen Gruppe der längerfristigen Nutzer (über 10 Jahre Handynutzung) eine statistisch nicht signifikante Erhöhung (= kein belastbares Ergebnis). Allerdings räumt Blettner ein "sind diese Ergebnisse von Interphone erst dann wirklich aussagekräftig, wenn sie in ihrer Gesamtheit analysiert und ausgewertet sind."

Mobilfunk und Kinder (Prof. Dr. Jürgen Kiefer, ehem. Universität Gießen)
"Es gibt im Moment keine Begründung für niedrigere Grenzwerte bei Kindern", erklärt Prof. Dr. Jürgen Kiefer, Leiter der Arbeitsgruppe "Mobilfunk und Kinder" der deutschen Strahlenschutzkommission, die vergangenen Dezember eine Stellungnahme zu "Mobilfunk und Kindern" erlassen hat. Demnach gibt es keine belastbaren Hinweise auf eine erhöhte Empfindlichkeit des kindlichen Organismus. Dr. Kiefer räumt allerdings ein, "dass es keine speziellen Studien zu Mobilfunk und Kindern gibt." So hält er "einen vernünftigen Umgang mit der Technologie", den er allerdings "nicht als Vorsorge oder Gefahrwarnung verstanden wissen will", für angebracht.

Wird das Abwehrsystem des Körpers durch hochfrequente elektromagnetische Felder (EMF) beeinträchtigt? (Dr. Helga Tuschl, ehem. Austrian Research Centers, Seibersdorf)
Frau Dr. Tuschl stellte ihre Studie im Rahmen des "Athem-Projekts" der AUVA vor und wies darauf hin, dass sich "keine Wirkungen von GSM- oder UMTS modulierter Felder auf die Aktivität von Killerzellen und auf die Produktion von Zytokinen (spez. Botenstoffe des Immunsystems) registrieren ließen". Anhand dieser Untersuchungen konnte kein gesundheitlich relevanter, über das Immunsystem manifestierter Effekt hochfrequenter elektromagnetischer Felder nachgewiesen werden.

Wird das Erbgut geschädigt - Replikationen ohne Ende? (Prof. Dr. Günter Obe, ehem. Universität Duisburg-Essen)
Das Referat von Dr. Obe bezog sich auf die Frage einer möglichen erbgutschädigenden Wirkung hochfrequenter EMF und kritisierte manch öffentlich diskutierte Studie, weil etwa Temperatureffekte nicht ausgeschlossen werden können, oder notwendige Kontrollen nicht durchgeführt wurden. "Wenn hochfrequente EMF tatsächlich eine mutagene Wirkung haben sollten, dann dürften die Effekte bestenfalls äußerst gering sein, was an die Versuchsdurchführung und Auswertung der Ergebnisse hohe Anforderungen stellt. Die Durchführung und Publikation stets ähnlicher Untersuchungen dürfte zu keinen neuen Erkenntnissen führen", so Obe abschließend.

Heutiger Erkenntnisstand zu Wirkungsmechanismen hochfrequenter EMF (Prof. Dr. Roland Glaser; Humboldt Universität zu Berlin, Institut für Biologie-Experimentelle Biophysik)
Prof. Dr. Glaser, Mitglied der Arbeitsgruppe "Mikrodosimetrie HF" der deutschen Strahlenschutzkommission, erklärte, dass es biophysikalischer Sicht nur die Erwärmung mit all ihren biologischen Folgen gibt. "Die gefundenen Effekte sind Alltagseffekte. Sie treten sonst auch auf und geben keinen Anlass zur Sorge um gesundheitliche Schäden," sagt Glaser. "Das ist so, als ob ich in die Sonne oder unter eine heiße Dusche gehe", erläutert er. Ein überzeugendes Experiment zu nichtthermischen Effekten liegt bislang nicht vor.

Wieviel Wissen braucht Risikokommunikation? (Dr. Gregor Dürrenberger; Forschungsstiftung Mobilkommunikation, Zürich)
Dr. Gregor Dürrenberger merkte in seinen Ausführungen zu Risiko- und Wissenskommunikation an, dass Wissensvermittlung indirekt und langfristig zu einer Versachlichung der Diskussion beiträgt. "Neues Wissen führt selten zu Einstellungs- und Verhaltensänderungen. Dazu muss sich dieses Wissen zuerst in der sozialen Welt sedimentiert haben. Das braucht Zeit, Geld und Geduld. Ist wissenschaftliches Wissen aber einmal "soziales Wissen" geworden, stellt es eine stabile Basis für erfolgreiche politische und gesellschaftliche Aushandlungen dar", erklärt Dr. Dürrenberger. Aber er warnte auch vor reiner "Expertokratie", denn auch nicht wissenschaftliche Evidenz sowie persönliche Meinungen und Eindrücke müssen ihren Platz finden.

Wie gut sind wissenschaftliche Studien? (Prof. Dr. Alexander Lerchl, Jacobs University Bremen)
Prof. Dr. Alexander Lerchl (Jacobs University Bremen) beleuchtete einige Fallbeispiele und wissenschaftliche Studien zu Mobilfunk sehr kritisch. Er stellte die Leitlinien für gute Forschungspraxis vor: "Unabhängige Wiederholbarkeit, Verblindung, echte Scheinexpositionen, statistische Belastbarkeit, Ausschluss von Co-Faktoren, gute Dosimetrierung und die Forderung von wissenschaftlichen Studien sind dabei die Kernpunkte". Er betonte aber auch, dass "bisher für keinen Parameter gesundheitliche
Schäden gefunden werden konnten".

Links:
http://www.fmk.at ; Forum Mobilkommunikation
http://www.fgf.de , Forschungsgemeinschaft Funk e.V.

Spezialservice für Radio-Sender:
unter http://www.o-ton.at finden Sie O-Töne von der Veranstaltung

Die Fotos und die Referate werden demnächst auf der FMK-Website zur Verfügung gestellt.

FMK- Forum Mobilkommunikation
Die freiwillige Brancheninitiative FMK ist Ihr Ansprechpartner bei allen Fragen zu Mobilkommunikation und der Mobilfunk-Infrastruktur. Das FMK vermittelt zwischen Betreibern und Gemeinden, um gemeinsame Lösungen zu finden. Wir liefern Ihnen Zahlen, Daten und Fakten, damit Sie sich Ihre persönliche Meinung über Mobilfunk bilden können. Alcatel-Lucent, Ericsson, FEEI, Hutchison 3G Austria, Kapsch Carrier Com, mobilkom austria, Motorola, Nokia, One, Siemens und T-Mobile sind Mitglieder im FMK.

(Ende)
Aussender: Forum Mobilkommunikation (FMK)
Ansprechpartner: Michael Buchner
Tel.: 01/5883915
E-Mail: buchner@fmk.at
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