pts20030526005 in Leben

Ausstellung Martin Kippenberger im Museum Moderner Kunst

Nach Kippenberger


Wien (pts005/26.05.2003/09:00) NACH KIPPENBERGER

12. Juni - 31. August 2003

Das Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (MUMOK) und das Van Abbemuseum in Eindhoven nehmen zwei wichtige Zeugnisse in der Ausstellungsgeschichte des deutschen Künstlers Martin Kippenberger (1953-1997) zum Anlass, sein Werk mit der ersten umfassenden Retrospektive in Österreich und in den Niederlanden einem breiten Publikum zu präsentieren. Kippenberger hat in beiden Ländern zwei große Installationen realisiert. Das Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam bot 1994 die Spielfläche für die raumgreifenden Dialogsituationen von The Happy End of Franz Kafka's "Amerika". Tiefes Kehlchen wurde 1991 im Rahmen der Projektreihe Topographie. Sachdienliche Hinweise der Wiener Festwochen in einem Bautunnel der U-Bahnlinie U3 gezeigt. Kippenberger inszenierte damals eine "Kunstgeisterbahn" (M. K.), die zunächst von Presse und Kulturinstitutionen angefeindet wurde, heute aber als einer der Höhepunkte seines Schaffens gilt. Das MUMOK zeigt erstmals Teile dieser Installation in Österreich.

Martin Kippenbergers Image eines postmodernen Bohemiens hat viel dazu beigetragen, dass eine Rezeption seines Werkes kaum außerhalb seines persönlichen Umfeldes erfolgt ist und oft auf seine Person und sein exzessives Auftreten reduziert bleibt. Die Ausstellung "Nach Kippenberger" sucht hingegen, aus der historischen Distanz dem Werk des Künstlers gerecht zu werden, ohne seine Strategien zu imitieren oder bestimmte Aspekte einseitig festzuschreiben. Am Leitmotiv der Architektur wird eine alle Medien umfassende konzeptuelle Grundstruktur verfolgt, die in gemalten, konstruierten, verhinderten oder vorgegaukelten Konstruktionen auftritt. Kippenbergers Selbstinszenierung bzw. seine intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich spielt dabei eine zentrale Rolle.

Die Ausstellung zeigt über 100 Exponate und konzentriert sich auf wesentliche Werkkomplexe bzw. Serien des sehr großen oeuvres Kippenbergers, das in nur zwei Jahrzehnten von 1977 bis 1997 entstanden ist. Ausgestellt werden 25 Skulpturen und umfangreiche Installationen, 50 Gemälde sowie zahlreiche Serien von Zeichnungen, Fotoarbeiten und Plakaten und seine gesamte Buchproduktion. Mit der 1977 in Florenz entstandenen Werkgruppe Uno di Voi, un Tedesco in Firenze lieferte Kippenberger einen ironischen Beitrag zur Malerei bzw. zur Konzeptkunst, indem er die Keilrahmen der gestapelten Bilder in der Höhe seiner eigenen Körpergröße plante. Das angestrebte Ziel führte er selbst ad absurdum, indem er das Werk 10 cm zuvor abschloss.

Gezeigt werden auch Beispiele aus den großen Serien der Selbstporträts, von den Werken der achtziger Jahre bis zur 1996 entstandenen, auf Theodor Géricault zurückgehende (Selbstporträt-) Serie der Medusa.

Eine zentrale Gruppe in der Ausstellung sind jene Bilder mit architektonischem Vokabular, deren ironische Bildtitel wie zum Beispiel Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken mehrdeutige Bezüge zulassen und einen aufschlussreichen Einblick in die Gedankenwelt Kippenbergers der achtziger Jahre geben. Diese Bilder korrespondieren mit Beispielen aus den Peter-Skulpturen bzw. mit den aus Paletten konstruierten Skulpturen Entwürfe für Müttergenesungswerke. In der Werkgruppe der Fotoarbeiten ist u.a. Kippenbergers großformatige Fotoinstallation Tankstelle Martin Bormann vertreten. Das Schwarzweißfoto einer halb verfallenen Tankstelle an einem verlassenen Strand in Brasilien wurde nach den Anweisungen des Künstlers aufgenommen. Kippenberger hat dem Naziverbrecher Martin Bormann mit dieser Tankstelle eine vermeintliche Wirkungsstätte und Tarnadresse angedichtet. Seine zusätzliche Behauptung, die Tankstelle gekauft und mit einem Telefonanschluss ausgestattet zu haben, verleiht dem Werk eine weitere, fiktive Identität.

Darüber hinaus präsentiert die Ausstellung eine Version des Sozialkistentransporters, Kippenbergers Version der venezianischen Gondel, die berühmte "Documenta-Lampe" - eine sich verbeugende, mit einer Plexiglasträne versehene Lampe - mit der sich Kippenberger selbst zur Documenta IX (1992) eingeladen hat sowie die große Installation Spiderman-Atelier. Mit der METRO-Net World Connection, einer fiktiven U-Bahnlinie mit Eingängen und Lüftungsschächten von den griechischen Inseln bis nach Alaska, verfolgte er die Idee einer globalen Vernetzung. Kippenberger positionierte sich immer wieder auch als Kunstvermittler, Sammler und Kurator. Seinem 1993 gegründeten Museum MOMAS (Museum of Modern Art Syros) in einer Bauruine auf der griechischen Insel Syros stand er als Direktor vor.

Alle Werke Kippenbergers belegen seine ständige Auseinandersetzung mit der ihn umgebenden Welt, mit gelebter und vermittelter Geschichte, Politik und Kultur. Kippenbergers Ansatz war in seiner großen Vielfalt stets sparten- und medienübergreifend, sein Schaffen ein nie endender Kommentar über die Welt.

Die Ausstellung wurde gemeinsam mit dem Van Abbemuseum in Eindhoven organisiert, wo sie vom 23. November 2003 bis 1. Februar 2004 gezeigt wird.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (deutsch/englisch) mit Texten von Eva Meyer-Hermann, Susanne Neuburger, Diedrich Diederichsen, Lucy McKenzie und Martin Prinzhorn. Die einzelnen Werkgruppen in der Ausstellung werden mit entsprechenden Werktexten im Katalog kommentiert.
ISBN 3-85160-028-2, EUR 28 (EUR 32 im Buchhandel)

Museum Moderner Kunst
Stiftung Ludwig Wien
MuseumsQuartier
Museumsplatz 1 | A - 1070 Wien
Ebenen 6 und 7

Pressekonferenz
11. Juni 2003, 10.00 Uhr
Lounge | Ebene 9

Eröffnung
11. Juni 2003, 19.00 Uhr

Kuratorinnen
Eva Meyer-Hermann
(Van Abbemuseum Eindhoven)
Susanne Neuburger (MUMOK)

Konzept
Eva Meyer-Hermann

Ausstellungsdauer
12. Juni - 31. August 2003

Öffnungszeiten
Di bis S0 10.00 - 18.00 Uhr
Do 10.00 - 21.00 Uhr

(Ende)
Aussender: Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wi...
Ansprechpartner: Barbara Hammerschmied
Tel.: (+43-1) 52500-1400
E-Mail: press@mumok.at
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