pts20080917032 Forschung/Entwicklung, Technologie/Digitalisierung

"Mobilfunk und Erbgut" - FGF/FMK-Workshop in Wien

Top-Experten informieren über den aktuellen Stand der Wissenschaft


Wien (pts032/17.09.2008/14:00) Gibt es Erbgutschäden durch Mobilfunk? Vier internationale Top-Referenten beleuchteten diese Fragestellung auf einer Informationsveranstaltung der Forschungsgemeinschaft Funk e.V. (FGF) und des Forum Mobilkommunikation (FMK) am 17.9.2008 in Wien. Dabei wurde sowohl ein Überblick über den bisherigen wissenschaftlichen Kenntnisstand auf diesem Gebiet gegeben, als auch auf kürzliche Kontroversen zu anscheinend manipulierten Studien an der Medizinischen Uni Wien eingegangen. Die Experten waren sich einig, dass es hoher und überprüfbarer Qualitätskriterien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis bedürfe.

Genotoxizität, Prof. Dr. Jürgen Kiefer, ehem. Universität Gießen
Der renommierte Diplom-Physiker gab einen Einblick in die komplexe Welt der Genotoxizität. "Genotoxische Veränderungen der DNA treten auch in unbehandelten Zellen - auf Grund physiologischer und biochemischer Prozesse - auf, was die Sensitivität aller Testverfahren begrenzt", so Kiefer. Aus diesem Grund reichen zum eindeutigen Nachweis genotoxischer Effekte bestimmter äußerer Einflüsse wenige, experimentell leicht zugängliche Tests nicht aus, sondern erfordern die Demonstration eines zusammenhängenden Wirkungsbildes.

Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf das menschlich Erbgut - eine Übersicht; Prof. Dr. Günter Obe, ehem. Universität Duisburg-Essen
Auch der Zytognetiker Prof. Dr. Obe wies auf die schwierige Beurteilung von Mobilfunk-Studien hin. So wären eine genaue Prüfung der experimentellen Parameter und die Kenntnis der Mechanismen, die zu Schäden in der chromosalen DNS führen erforderlich. Hinsichtlich der konkreten Forschungslage formulierte er: "Analysen zu erbgutschädigenden und krebserregenden Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder (EMF) sind überwiegend negativ. Positive Befunde sind oft nicht überzeugend und sprechen eher für Mängel bei der Durchführung der entsprechenden Experimente." Dies lasse sich mit einer positiven Wechselbeziehung zwischen mutagenen und karzinogenen Wirkungen erklären: "Wären hochfrequente elektromagnetische Felder (Anm. wie beim Mobilfunk) mutagen, sollten sie somit auch karzinogen sein. Studien mit Mäusen und Ratten sowie epidemiologische Studien am Menschen sind aber überwiegend negativ. Eine mutagene Wirkung von hochfrequenten elektromagnetische Feldern kann somit auch aus diesen Analysen nicht abgeleitet werden", so Obe.

Zur Reproduzierbarkeit genotoxischer Effekte hochfrequenter EMF aus dem REFLEX-Projekt, Prof. Dr. Günter Speit, Universität Ulm
Humangenetiker Dr. Speit stellte die unabhängigen Wiederholungsstudien zu den im Rahmen des REFLEX-Projektes der EU erzielten Ergebnisse an Zellkulturen dar. Dabei wurden in seinem Labor mehrere Experimente zusammen mit Mitarbeiterinnen von Prof. Rüdiger (Wien) durchgeführt. "In keinem der Experimente ergab sich ein Hinweis auf eine gentoxische Wirkung durch hochfrequente elektromagnetische Felder", so Speit. Außerdem können eine Fehlfunktion der Expositionseinheit und Unterschiede in der Versuchsdurchführung ausgeschlossen werden.

Wissenschaftliche Methodik und Kommunikation, Prof. Dr. Alexander Lerchl, Jacobs University Bremen
Prof. Alexander Lerchl, Biologe und aktuelles Mitglied der deutschen Strahlenschutzkommission, referierte über ausgewählte Studien aus dem REFLEX-Projekt, wissenschaftliche Methodik und deren Kommunikation. Lerchl ist jener Wissenschafter, der die Herausgeber der wissenschaftlichen Journale über den Fälschungsverdacht im Zusammenhang mit Studien des REFLEX-Projekts an der Medizinischen Uni Wien und deren Ergebnisse zu DNA-Strangbrüchen informierte. Es gehöre bei Datenmanipulationen zu den häufigen Fehlern, dass die erfundenen Werte weniger streuen als in echten Experimenten erklärte Lerchl und ging auf die Methoden der Aufdeckung und der Konsequenzen ein. "Insgesamt 8 Publikationen der Medizinischen Universität Wien, die im Rahmen des durch die EU geförderten REFLEX-Programms entstanden, sind konkret fälschungsverdächtig", so Lerchl abschließend.

SERVICE:

Reflex:
Das REFLEX-Projekt ist ein von der EU im 5. Rahmenprogramm gefördertes Forschungsvorhaben, an dem sich 12 Forschergruppen aus 7 europäischen Ländern beteiligt haben. Es sollte in Laborversuchen an verschiedenen Arten von lebenden Zellen herausfinden, ob die Voraussetzungen für Gesundheitsschädigungen durch nieder- und hochfrequente Felder auf zellulärer oder molekularer Ebene erfüllt sind. Wirkungen von niederfrequenten elektrischen und magnetischen sowie von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf das Zellwachstum, die Ausformung der Zellen (Zell- Differenzierung) oder das programmierte Absterben von Zellen (Apoptose) konnten von mehreren Forschungsgruppen des REFLEX-Verbunds nicht gefunden werden. Die Ergebnisse in Bezug auf die Genexpression, d. h. die Umsetzung der genetischen Information in funktionsfähige Genprodukte, meist Proteine, waren vielfältig und komplex, jedoch gibt es keine Aussagen dazu, inwieweit diese Ergebnisse wiederholbar und biologisch relevant sind.

Kurzzusammenfassung der Referate:
http://www.fmk.at/media/pdf/pdf850.pdf

Originaltöne zur Veranstaltung finden Sie unter http://www.o-ton.at bzw. dem Audioservice auf der FMK-Website.

FMK- Forum Mobilkommunikation
Die freiwillige Brancheninitiative FMK ist Ihr Ansprechpartner bei allen Fragen zu Mobilkommunikation und der Mobilfunk-Infrastruktur. Das FMK vermittelt zwischen Betreibern und Gemeinden, um gemeinsame Lösungen zu finden. Wir liefern Ihnen Zahlen, Daten und Fakten, damit Sie sich Ihre persönliche Meinung über Mobilfunk bilden können. Alcatel-Lucent, Ericsson, FEEI, Hutchison 3G Austria, Kapsch Carrier Com, mobilkom austria, Motorola, Nokia, Nokia Siemens Networks, One, Samsung, Siemens, Sony Ericsson und T-Mobile unterstützen das FMK.

Forschungsgemeinschaft Funk e. V. (FGF)
Die Forschungsgemeinschaft Funk e.V. (FGF) mit Sitz in Bonn fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu potenziellen Umwelteinwirkungen elektromagnetischer Felder. Seit ihrer Gründung im Jahr 1992 wurden über 10 Millionen Euro in die Forschung investiert. In ihren kostenlosen Publikationen informiert sie über den Stand der Wissenschaft zu diesem Thema. Zu den Mitgliedern der FGF gehören Mobilfunknetzbetreiber, Hersteller, Universitäten und Behörden.

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Aussender: Forum Mobilkommunikation (FMK)
Ansprechpartner: Michael Buchner
Tel.: 01/5883915
E-Mail: buchner@fmk.at
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