pte20210402011 Medien/Kommunikation, Bildung/Karriere

"Glazie, plego": Schulbuch mit Rassen-Klischees

Verlag verteidigt fragwürdige Passage als Zitat aus einem Kinderbuch


Mailand (pte011/02.04.2021/13:30)

„Glazie, plego" statt „grazie, prego" (Danke, Bitte), so spricht ein chinesisches Kind laut einer Passage italienischen Schulbuch „Leggermente Plus 4" des Verlags Giunti http://giuntiscuola.it . Das hat Lala Hu, Marketingprofessorin an der Katholischen Universität vom Heiligen Herzen https://www.unicatt.it auf Twitter kritisiert. Gegenüber der Tageszeitung „Corriere" räumt der Herausgeber zwar ein, dass der Text Stereotypen enthalten könnte – verteidigt sich aber damit, dass das Schulbuch nur eine Passage aus einem Kinderbuch wiedergebe.

Lee ist nicht beleidigt

Die fragliche Textpassage über ein aus China stammendes Mädchen namens Lee verbrät das altbackene Klischee, dass Chinesen immer „L" statt „R" sagen und damit beispielsweise auch „plesto" statt „presto" (schnell) -  ein Stereotyp, dass Hu sauer aufstößt. Das Mädchen ist laut Text aber nicht beleidigt, wenn andere Kinder sich über sie lustig machen. Wer schon wisse, welch ein Trauma Bullying hinterlasse, fragt sich da die Marketingprofessorin. „Außerdem würde sie nicht Lee heißen." Das ist nämlich eine veraltete Transkription, bei modernen Migranten würde der Name „Li" geschrieben.

Nachdem italienische Medien auf Hus Twitter-Kritikaufmerksam geworden sind und das Thema aufgegriffen haben, war Herausgeber Stefano Cassanelli aber offenbar doch ein wenig beleidigt. „Ich gebe zu, dass im Text Stereotypen über orientalische Kultur vorkommen mögen", meint er gegenüber dem „Corriere". Aber die Passage stamme aus einem Buch der Autorin Paola Reggiani aus dem Jahr 2013. In „Leggermente" komme sie vor, weil es ein Kindertagebuch sei und solche Auszüge nutzt, um Konzepte der Literatur zu vermitteln.

Voll aus dem Kontext

Es sei aus seiner Sicht inakzeptabel und anstößig, dass jemand einen Satz völlig aus dem Kontext nehme und dem Verlag vorwerfe, dass er Bullying verharmlose, so Cassanelli. Das habe sie gar nicht getan, kontert Hu via Twitter. Die Passage stamme zwar aus dem Buch von Reggiani, „aber sie ist im fraglichen Schulbuch wiedergegeben." Dass sich Hu eben daran stößt, scheint nicht verwunderlich – man könnte Kindern Konzepte der Literatur sicherlich auch mit Texten vermitteln, die keine altbackenen rassistischen Klischees verbraten.

(Ende)
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