pts20120126009 Politik/Recht, Unternehmen/Wirtschaft

Stabilität im Bundesstaat: Schuldenbremse braucht intelligentes Konsolidieren

ExpertInnen: Verbindliche Koordination und adaptierter Finanzausgleich notwendig


Wien (pts009/26.01.2012/11:00) Eine Konsequenz der Finanz- und Wirtschaftskrise und der dadurch ausgelösten wirtschaftspolitischen Interventionen bestand für viele Staaten in einem starken Anstieg der Nettodefizite und der gesamtstaatlichen Schuldenquote. Faktisch wurden die geltenden Schuldengrenzen außer Kraft gesetzt. Die erfordern nun eine Weiterentwicklung der finanzpolitischen Koordination auf europäischer wie auch nationaler Ebene. Die Stabilitätspolitik wird nun auch in Österreich um eine Schuldenbremse ergänzt. ExpertInnen aus dem Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), dem Institut für Föderalismus (Ifö) und dem KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) widmen sich diesem Themenkomplex.

Gemeinsam, flexibel und wirkungsorientiert

"Aus zentralstaatlicher Sicht kann eine Schuldenbremse eine glaubwürdige Selbstverpflichtung zur Verringerung der Verschuldungsneigung der Politik darstellen. Eine gute Schuldenregel ist so zu gestalten, dass einerseits die erforderliche finanzpolitische Flexibilität in konjunkturellen Abschwungphasen gesichert ist, andererseits sollen Umgehungsmöglichkeiten weitgehend ausgeschlossen werden", so Hans Pitlik (Wifo). Auch aus föderaler Sicht macht es durchaus Sinn, eine Schuldenbremse in der Verfassung oder anderweitig für alle Ebenen verbindlich zu verankern. "Die Finanzausgleichpartner sollten dies jedoch auf Augenhöhe ausverhandeln und darauf achten, dass die jeweiligen Erfahrungen, insbesondere in der Verwaltungsreform, genutzt werden. Bund und Länder können nämlich gut voneinander lernen und beide dadurch profitieren. Einseitige Eingriffe sind nutzlos und nicht sachgerecht", weist Peter Bußjäger (Ifö) hin.

Föderalismus- und Finanzausgleichsreform umsetzen

Margit Schratzenstaller (Wifo) und Helfried Bauer (KDZ) verstärken den Appell, dass die Finanzpolitik auf der nationalen Ebene besser geplant und zwischen den föderalen Ebenen koordiniert werden sollte. Dies schließt eine fundamentale Reform des Finanzausgleichs ein. Hierzu müsste als Ausgangspunkt die Entscheidung über ein zeitgemäßes Föderalismusmodell stehen, welches mit dem neuen Finanzausgleich umgesetzt werden soll. Wesentliche Elemente dieses Modells sind mehr horizontale Kooperation und ein beflügelnder Vergleichswettbewerb zwischen den Bundesländern (der im Europa der Regionen längst selbstverständlich ist). Die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung in Verbindung mit einer vertikalen Aufgaben- und Finanzierungsentflechtung ist notwendig, um die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung zusammenzuführen. Das erhöht wiederum Transparenz und Effizienz.

Transferverflechtungen reduzieren

Aufgaben- und Finanzierungsentflechtungen ermöglichen eine substanzielle Reduktion der intragovernmentalen Transfers, vor allem jener zwischen Land und Gemeinden.

"Die Umsetzung der Schuldenbremse - also die Vermeidung struktureller Budgetdefizite - auch für die Gemeinden erscheint nur dann machbar, wenn die überdurchschnittlich stark steigenden Umlagen und Beiträge, welche die meisten Länder den Gemeinden abverlangen, abgebaut werden. Auch die Mittel des Steuerverbundes sollten stärker aufgabenorientiert verteilt werden als heute", erläutert Peter Biwald (KDZ).

Insgesamt sollten die Implementierung der Schuldenbremse sowie die anstehenden Strukturreformen in den großen Reformbereichen Bildung, Gesundheit und Förderungen, die durch starke föderale Verflechtungen gekennzeichnet sind, in eine umfassende Föderalismusreform eingebettet werden. Eine nachhaltige Budgetsanierung erfordert auch, dass die Träger des langfristigen Wachstums sowie der soziale Ausgleich gestärkt werden. Es reicht nicht, Budgetlöcher zu stopfen, die komplexen Zusammenhänge erfordern ein intelligentes Konsolidieren.

Expertentagung

Bereits im Vorjahr haben sich nationale ExpertInnen aus dem Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), dem Institut für Föderalismus (Ifö) und dem KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) gemeinsam mit internationalen ExpertInnen diesem Thema in einem gemeinsamen Workshop gewidmet. Die gesammelten und erweiterten Ergebnisse, Konzepte und praktischen Handlungsoptionen liegen nun in einer Publikation vor.

Die Publikation
Koordinierung der Finanzpolitik im Bundesstaat
Stabilitätspolitik - Finanzausgleich - Verschuldungsgrenze
Biwald, Peter; Bußjäger, Peter; Pitlik, Hans; Schratzenstaller Margit (Hrsg.)
Wien, Graz: NWV 2011, 248 S.
Öffentliches Management und Finanzwirtschaft, Band 14
ISBN 978-3-7083- 0805-0

Rückfragen:
KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung
Mag. Michaela Bareis M.A.
bareis@kdz.or.at
T: +43 1 892 34 92-17

(Ende)
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