pte20251212001 in Forschung

"Lurker" auf Online-Plattformen oft demotiviert

Forschungsexperiment auf Reddit zeigt: Schweigende Mehrheit verfälscht oft das Meinungsbild


Lisa Oswald: Forscherin will die schweigende Mehrheit im Web aufrütteln (Foto: mpib-berlin.mpg.de)
Lisa Oswald: Forscherin will die schweigende Mehrheit im Web aufrütteln (Foto: mpib-berlin.mpg.de)

Berlin/Dresden/Stanford (pte001/12.12.2025/06:00)

Kommentare unter einem Online-Nachrichtenartikel spiegeln keineswegs die öffentliche Meinung wider. Das sagt Lisa Oswald vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Das gelte vor allem bei Texten, die eher extreme Meinungen beinhalten und heftig diskutiert werden. Doch daran beteiligen sich nur wenige, wie die Expertin mit Kollegen der Technischen Universität Dresden und der Stanford University in einem Experiment auf Reddit herausgefunden hat.

Keine Mehrheitsmeinung

In dem Versuch haben sich viele Nutzer in sechs eigens eingerichteten Subreddits mit je bis zu 100 Teilnehmern nicht an den Diskussionen zu 20 vorgegebenen politischen Themen beteiligt. Diese nennen die Forscher "Lurker". Diese lesen Beiträge zwar, verzichten aber darauf, selbst welche zu posten. Auf der anderen Seite gibt es die "Power-User", die sich mit eigenen Posts oft überschlagen. Wer also Kommentare liest, bekommt nicht mit, was die Lurker denken, die oft in der Überzahl sind.

Die Analyse umfasst 5.819 Kommentare, die als Antwort auf die Diskussionsanregungen gepostet worden sind, weitere 62.000 Kommentare von Teilnehmern anderer Reddit-Communitys sowie Umfrageantworten, die vor, während und nach dem Untersuchungszeitraum abgegeben wurden. Diejenigen, die eine Diskussion als giftig, respektlos oder stark polarisiert empfanden, neigten dazu, zu schweigen. Die aktivsten Teilnehmer waren in der Regel männlich und politisch sehr interessiert.

Belohnungen wecken Lurker

Die Forscher haben auch verschiedene Arten von Interventionen getestet, die darauf abzielten, Lurker zu motivieren, sich aktiv an Diskussionen zu beteiligen. Finanzielle Anreize in Höhe von zwei Dollar für jeden Tag, an dem die Studienteilnehmer mindestens einen ernsthaften Kommentar schrieben, führten zu einer Steigerung der Beteiligung, reduzierten jedoch nur mäßig die Dominanz der Power-User, heißt es.

Um die Lurker aus ihrer Lethargie zu lösen, schlägt Oswald Plattformbetreibern und Community-Managern mehrere Maßnahmen vor: Nicht-monetäre Belohnungen für erstmalige und qualitativ hochwertige Beiträge auszuschreiben, klare Regeln zur Reduzierung von Toxizität zu erstellen, die konsequent durchgesetzt werden, und Obergrenzen für die Anzahl der Kommentare pro Person. Das könne die Ungleichheit bei der Beteiligung verringern und die öffentliche Meinung realistischer spiegeln.

(Ende)
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