Westen misst Innovationskraft Afrikas falsch
Wirtschaft funktioniert anders - Indikatoren laut Experten der De Montfort University ungeeignet
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Innovation auf afrikanisch: Plastikflasche als Rasensprenger (Foto: Wolfgang Kempkens) |
Leicester (pte004/31.07.2025/06:15)
Informelle Unternehmen, Erfindungsreichtum an der Basis und aus der Not geborene Lösungen dominieren afrikanische Volkswirtschaften. Laut einem internationale Forscher-Team unter Leitung von Abiodun Egbetokun von der De Montfort University sind viele westliche Maßstäbe zur Messung von Innovationsfähigkeit wie Patentanmeldungen hier nicht zielführend.
Regierungen müssen umdenken
"Wir haben festgestellt, dass die Indikatoren, die zur Messung von Innovationen in Afrika verwendet werden, größtenteils aus Ländern mit hohem Einkommen übernommen wurden und möglicherweise nicht zielführend sind", so die Forscher. Soll Innovation dazu beitragen, die Herausforderungen Afrikas wie Jugendarbeitslosigkeit, Ernährungsunsicherheit, digitale Ausgrenzung und Klimaabhängigkeit zu bewältigen, muss die Art und Weise, wie afrikanische Regierungen sie messen, geändert werden, heißt es.
"Viele der wirksamsten Innovationen Afrikas finden unter dem Radar statt - auf Bauernhöfen, Märkten, in Werkstätten und Nachbarschaften. Diese sind fast unmöglich zu quantifizieren", schreibt das Team. Beispiele hierfür seien ein Mobilgeldagent im ländlichen Kenia, der einen Weg gefunden hat, Geld ohne formelles Bankensystem sicher zu transferieren. Oder ein Mechaniker in Nigeria, der gebrauchte Motoren so umbaut, dass sie mit lokalen Kraftstoffgemischen betrieben werden können. Das seien echte Innovationen, die jedoch in herkömmlichen Daten kaum auftauchten.
Eher viele kleine Innovationen
Das Problem ist laut den Experten nicht nur die fehlende Sichtbarkeit, sondern auch eine konzeptionelle Diskrepanz. Ein Großteil der Innovationen in Afrika sei eher kleiner Natur, bedingt durch die Notwendigkeit und basiert auf Handeln, Nutzen und Interaktion, anstatt auf strukturierter Forschung und Entwicklung beziehungsweise formaler Wissenschaft. Die aktuellen Indikatoren seien einfach nicht darauf ausgelegt, dies zu erfassen.
"Manche fragen sich vielleicht: Warum ist es wichtig, wie Afrika Innovation misst?", fragen die Forscher. Die Antwort liege in der Politik: "Was wir messen, bestimmt, was wir finanzieren, was wir unterstützen und letztlich, was wir wertschätzen. Wenn afrikanische Entscheidungsträger sich auf Indikatoren stützen, die den informellen Sektor ignorieren oder indigenes Wissen außer Acht lassen, könnten politische Maßnahmen viele wirtschaftliche und soziale Ziele verfehlen."
Messbare reale Lösungen
Als Lösung sehen die Wissenschaftler eine Ausrichtung der Innovationsmessung an Zielen für nachhaltige Entwicklung. Indikatoren müssten widerspiegeln, wie Innovation zur Lösung realer Probleme beiträgt und Situationen verbessert, etwa bei der Sauberkeit von Wasser, erneuerbaren Energien oder der Gesundheit von Müttern. Dazu zähle die Anerkennung vielfältiger Innovationsformen: von Basteleien an der Basis bis hin zum digitalen Unternehmertum.
Innovation in Afrika hat demnach viele Gesichter. Der Fokus liegt auf den informellen Sektor, auch Schattenwirtschaft genannt: Hier arbeiten und innovieren die meisten Afrikaner. Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt, dass 83 Prozent aller Arbeitsplätze in Afrika im Jahr 2024 in der informellen Wirtschaft angesiedelt waren. "Afrika muss Innovation nach eigenen Maßstäben definieren und messen. Nur dann können seine Daten zu einer Politik führen, die die Menschen stärkt, Jobs schafft und Resilienz aufbaut", heißt es abschließend.
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