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FPSB Deutschland: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung - Klare Grenzen für das Estate Planning


Finanzplanung ist Lebensplanung (Foto: iStock)
Finanzplanung ist Lebensplanung (Foto: iStock)

Frankfurt (pts016/24.06.2025/11:15)

Der Bedarf an einer umfassenden und ganzheitlichen Nachfolge- und Generationenberatung nimmt hierzulande zu. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sind dabei wichtige Bausteine. Doch der Estate Planner muss im Beratungsprozess wichtige regulatorische Vorgaben beachten.

Es ist eigentlich ganz einfach und zudem klar gesetzlich geregelt: Mit Vorsorgevollmacht sowie Patientenverfügung können Bundesbürger vorausschauend ihren Willen dokumentieren, wenn sie selbst durch Krankheit oder Unfall nicht mehr dazu in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen. "Doch unsere Beratungspraxis zeigt, dass sich viele Frauen und Männer nicht frühzeitig um diese Themen kümmern und sie beiseiteschieben", berichtet Maximilian Kleyboldt, CFP®, Vorstand des Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland).

Das zeigt auch eine Analyse des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) aus dem Jahr 2024. Demnach verfügt nur jeder zweite Intensivpatient in Deutschland über eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung. Und 39 Prozent der Befragten ohne Dokument haben sich noch nie Gedanken über diese Thematik gemacht, so die Studie. Das ist ein großes Versäumnis, schließlich können die genannten Dokumente in vielen Lebensbereichen sinnvoll sein – und sie können in jedem Alter notwendig werden, denn auch ein junger Mensch kann in die missliche Lage geraten, nicht mehr selbst entscheiden zu können.

Interessen des Einzelnen und der Familie bewahren

"Ein elementarer Bestandteil jeder Finanzplanung ist deshalb die Vorsorge für den Fall, dass man nicht mehr selbst seine Entscheidungen treffen kann", sagt Kleyboldt. Nur Eltern besitzen gegenüber ihren minderjährigen Kindern ein umfassendes Sorgerecht und damit die Befugnis zur Entscheidung und Vertretung in allen Angelegenheiten. Um die Interessen des Einzelnen und auch der Familie zu bewahren und diese nicht in fremde Hände legen zu müssen, bedarf es deshalb neben dem Testament auch einer Vorsorgevollmacht sowie einer Patientenverfügung. Zur Vertretung minderjähriger Kinder im Notfall bedarf es einer Sorgerechtsverfügung. In dieser können Eltern festlegen, wer im Ernstfall das Sorgerecht ausüben soll, sollten sie dazu selber temporär oder dauerhaft nicht mehr in der Lage sein.

"Es ist ein großer Irrtum zu denken: Ich bin ja verheiratet, und mein Partner kann für mich grundsätzlich alles regeln", warnt Kleyboldt. In Deutschland gab es erfreulicher Weise zum 1. Januar 2023 eine wichtige Reform im Betreuungsrecht: das Ehegattenvertretungsrecht im Notfall. Es ermöglicht Ehepartnern, in akuten medizinischen Notfällen für einander bestimmte Entscheidungen zu treffen – auch ohne vorherige Vorsorgevollmacht oder gesetzliche Betreuung. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch zu beachten, dass das neue Notvertretungsrecht für Ehegatten nur auf die Angelegenheiten der Gesundheitssorge und eng damit zusammenhängende Angelegenheiten beschränkt ist. Vermögensfragen sind ausdrücklich nicht Inhalt der Reform. Zum anderen ist das Vertretungsrecht auf sechs Monate begrenzt.

Bei einem Notfall sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eine gesetzliche Betreuung vor, die durch das Betreuungsgericht eingesetzt wird. Das gilt auch für Ehegatten und Familienangehörige. Die Frage ist: Will man als Betroffener, dass gegebenenfalls Fremde einen betreuen? Gesetzliche Betreuung kommt immer dann zum Tragen, wenn eine volljährige Person ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln kann und keine Vorsorgevollmacht vorhanden ist. Das Gericht prüft die Eignung und bestellt den Betreuer. "Verhindern kann man dies mit einer Vorsorgevollmacht als Generalvollmacht im Original", informiert der Experte und erklärt weiter: "Jeder, der 18 Jahre alt ist, sollte entsprechende Vollmachten für die Gesundheits- und für die Vermögensvorsorge ausstellen." Zumal auch etwa zur Vertretung in Immobilienangelegenheiten zwingend eine notarielle Vorsorgevollmacht notwendig ist. Ein Notvertretungsrecht reicht nicht aus.

Estate Planning ohne Rechtsberatung

So ist es kein Zufall, dass die vom FPSB Deutschland zertifizierten Professionals im Estate Planning-Beratungsprozess darauf hinweisen, Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten einzurichten. Doch mit dem Hinweis darauf endet auch die Beratungsleistung in diesem Bereich. Denn in dem im Jahr 2008 eingeführten Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ist klar geregelt, dass auch die Financial und Estate Planner keine Rechts- und Steuerberatung durchführen dürfen.

Das bedeutet: Auch konkrete Vorschläge für die Gestaltung oder die Erstellung eines Testaments, einer Vorsorgevollmacht oder einer Patientenverfügung beziehungsweise eines entsprechenden Entwurfs erfordern eine Rechtsberatung, die von FPSB-zertifizierten Professionals nicht erbracht werden dürfen.

Um beim Estate Planning eine vollumfassende Beratung anbieten zu können, ist aber die Berücksichtigung rechtlicher und steuerlicher Aspekte unumgänglich. Das spielt für die Vermögensübertragung eine besondere Rolle. Estate Planning kann als ganzheitliche Beratung für den Vermögensübergang interpretiert werden. "Und hier regelt das RDG sehr klar, dass rechtliche Aspekte im Estate Planning nicht mehr als eine Nebenleistung sein dürfen", erklärt Kleyboldt. "Tatsächlich dürfen laut des RDG Rechtsdienstleistungen nur im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erbracht werden, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören", erklärt Kleyboldt, zugleich Direktor im Wealth Planning bei der Bethmann Bank. Somit ist Estate Planning im Sinne eines Generationenmanagements ein sinnvoller Beratungsansatz zur Abbildung von Nachfolgegestaltungen mit Fokus auf Vermögen und Liquidität. Estate Planning schafft damit einen messbaren Mehrwert.

Regulatorische Vorgaben werden beachtet

Es ist aus Sicht des FPSB Deutschland unerlässlich, dass beim Estate Planning die regulatorischen Vorgaben beachtet werden. "Vom Beratungsprozess her ist eindeutig, dass bei der eigentlichen rechtlichen Umsetzung von testamentarischen Regelungen ein Rechtsanwalt oder Notar eingeschaltet werden muss, da dieses eine Rechtsdienstleistung darstellt", macht Kleyboldt noch einmal deutlich. Estate Planner erstellen selber auch keine Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten, halten sich an die Grenzen den RDG und delegieren die entsprechenden Aufgaben bei Bedarf an Rechtsanwälte und Notare.

Allerdings können Finanzplaner beispielsweise auf Angebote im Markt hinweisen, durch die Kunden sich selbständig Vorsorgevollmachten durch Rechtsberater erstellen lassen können. Ein weiterer Tipp ist die Homepage des Bundesjustizministeriums, wo es für Verbraucher nützliche Hinweise, rechtssichere Musterformulare mit Textbausteinen und Ausfüllhilfen zu diesem Thema gibt. Ansonsten gilt es für Estate Planner das Spannungsfeld zwischen dem Nachfolge- und Generationenmanagement einerseits und der Rechts- und Steuerberatung andererseits zu beachten. In der heutigen sich stark technologisch wandelnden Zeit gibt es darüber hinaus Online-Plattformen von Berufsträgern, wo Interessierte für sich persönlich eine rechtssichere Vorsorgevollmacht eigenhändig erstellen lassen können. Grundsätzlich ist aber eine individuelle Beratung durch den Rechtsanwalt der Kunden zu empfehlen.

"Sollten Verstöße von FPSB-Professionals gegen diese Regeln bekannt werden, können diese beim Ehrengericht des FPSB Deutschland vorgetragen werden", erläutert Kleyboldt das Prozedere. So ist es dem FPSB Deutschland möglich, etwaige Verstöße zu ahnden. FPSB-Professionals sind grundsätzlich den Standesregeln des FPSB Deutschland verpflichtet, bei denen es sich um ein reines Innenrecht des Verbandes handelt. Das heißt, sollte die Beschwerde Verstöße gegen die Standesregeln belegen, können verbandsrechtliche Sanktionen die Folge sein.

Finanzplanung zu Ende gedacht

Der Bedarf an einer umfassenden Nachfolgeplanung nimmt zu und damit steigen auch die Anforderungen an ein professionelles Generationenmanagement des Vermögens. "Estate Planning wird zunehmend wichtiger", sagt Kleyboldt. "Das Vermögen des Kunden und dessen Übergang auf die nachfolgenden Generationen steht bei einem CERTIFIED FOUNDATION AND ESTATE PLANNER (CFEP®) klar im Mittelpunkt der Betrachtung. Denn letztlich ist Estate Planning eine zu Ende gedachte Finanzplanung", betont der FPSB-Vorstand.

FPSB-Positionspapier "Haftung in der ganzheitlichen Beratung" gibt Orientierung

Um Sicherheit in der Tätigkeit als Financial oder Estate Planner zu haben, hat der FPSB in Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt ein Positionspapier mit dem Titel "Haftung in der ganzheitlichen Beratung – Financial Planning und Estate Planning in der Beratungspraxis" verfasst. In der Neuauflage 2023 wurden insbesondere auch Beratungsansätze im Estate Planning aus haftungsrechtlicher Sicht ergänzt. Es werden einerseits vorhandene Haftungsrisiken identifiziert und andererseits Möglichkeiten zur Eingrenzung dieser Risiken aufgezeigt. Alle Erläuterungen im FPSB-Positionspapier erfolgen ohne Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit. Die Ausarbeitung stellt keine Rechtsberatung dar, die grundsätzlich individuell unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles erfolgen muss.

Link zum Download des FPSB-Positionspapiers: https://www.fpsb.de/fuer-verbraucher/financial-planning/beratungsgrundsaetze.html

Über den FPSB Deutschland e.V.
Das Financial Planning Standards Board Ltd. - FPSB ist ein globales Netzwerk mit derzeit 28 Mitgliedsländern und über 230.000 Zertifikatsträgern. Dessen Ziel ist es, den weltweiten Berufsstandard für Financial Planning zu verbreiten und das öffentliche Vertrauen in Financial Planner zu fördern. Das Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland) mit Sitz in Frankfurt/ Main gehört seit 1997 als Vollmitglied dieser Organisation an.

Zentrale Aufgabe des FPSB Deutschland ist die Zertifizierung von Finanz- und Nachfolgeplanern nach international einheitlich definierten Regeln. Wichtige Gütesiegel sind der CERTIFIED FINANCIAL PLANNER®-Professional, der CERTIFIED FOUNDATION AND ESTATE PLANNER, der EFPA European Financial Advisor® EFA und der CGA® CERTIFIED GENERATIONS ADVISOR. Der FPSB Deutschland hat ferner den Anspruch, Standards zur Methodik der ganzheitlichen Finanzberatung zu setzen. Dafür arbeitet der FPSB Deutschland eng mit Regulierungs- und Aufsichtsbehörden, Wissenschaft und Forschung, Verbraucherschützern sowie Presse und interessierter Öffentlichkeit zusammen.

Ein weiteres Anliegen des FPSB Deutschland ist die Verbesserung der finanziellen Allgemeinbildung. Zu diesem Zweck hat der Verband den Verbraucher-Blog https://www.frueher-planen.de lanciert. Er informiert neutral, anbieterunabhängig und werbefrei über alle relevanten finanziellen Themen und beinhaltet drei Online-Rechner zur Berechnung der Altersrente und der Basisrente sowie zur Optimierung der Fondsanlage.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.fpsb.de

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(Ende)
Aussender: FPSB Financial Planning Standards Board Deutschland e.V.
Ansprechpartner: Iris Albrecht
Tel.: +49 681 41 09 806 10
E-Mail: presse@fpsb.de
Website: www.fpsb.de
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