pte20200130019 Forschung/Entwicklung, Medizin/Wellness

Essgestörte nutzen Sportsucht als Selbsttherapie

Exzuessive Aktivitäten werden getätigt, um bedrückende Stimmungslagen regulieren zu können


Marathon: Essgestörte kompensieren Körpergefühl (Foto: Markus Breig, kit.edu)
Marathon: Essgestörte kompensieren Körpergefühl (Foto: Markus Breig, kit.edu)

Karlsruhe (pte019/30.01.2020/12:31) Personen mit Essstörungen nutzen exzessives Sporttreiben, um bedrückende Stimmungslagen und negative essstörungsbezogene Gedanken zu regulieren, wie Forscher des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) http://kit.edu herausgefunden haben. Details wurden in der Zeitschrift "Psychotherapy and Psychosomatics" veröffentlicht.

Stimmungsabfall geht voraus

Die Wissenschaftler haben die körperliche Aktivität von 29 Patientinnen mit Essstörungen und 35 gesunden Kontrollprobandinnen per Accelerometer, einem Bewegungssensor, objektiv und kontinuierlich in deren Alltag über sieben Tage hinweg aufgezeichnet. Der Accelerometer war via Bluetooth mit einem Smartphone verbunden, eine App löste beim Über- und Unterschreiten bestimmter Aktivitätsschwellen Tagebuchabfragen aus. Die Personen wurden zudem aufgefordert, sowohl vor als auch nach dem Sporttreiben über ihre Befindlichkeit zu berichten.

Bei Frauen mit Essstörungen ging dem Sporttreiben ein Stimmungsabfall voraus. Dieser Effekt zeigte sich bei der gesunden Kontrollgruppe nicht, vielmehr fühlten sie die Probandinnen vor dem Sport besonders energiegeladen. Danach waren die Patientinnen mit Essstörungen im Vergleich zu den gesunden Kontrollprobandinnen und relativ zu ihrer durchschnittlichen Stimmung besser gelaunt, fühlten sich entspannter, verspürten weniger Druck, schlank sein zu müssen, und waren mit ihrem Körper zufriedener. Dieser Effekt hielt aber nur für eine begrenzte Zeit an, je nach Probandin von circa einer Stunde bis zu drei Stunden.

Negatives Körpererleben kompensieren

"Um mit schwierigen emotionalen Zuständen und negativem Körpererleben umzugehen, treiben sie Sport, vermutlich auch mangels fehlender alternativer Strategien in solchen Momenten. Naheliegend ist auch, dass die positiven Effekte des Sporttreibens das ungesunde Sporttreiben verstärken - sich nach dem Sport befreit zu fühlen, führt zu erneutem Sportreiben, wenn die Wirkung wieder abklingt. Dies kann dann in einen Teufelskreis hineinführen, in welchem immer mehr Sport getrieben werden 'muss', um sich gut zu fühlen", so KIT-Forscher Markus Reichert.

(Ende)
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