pte20121213020 Medizin/Wellness

Handbuch Psychischer Störungen unter Beschuss

Vorwurf: Standardwerk spiegelt Stand der Forschung nicht wider


Patient: Einschätzung über Psyche oft falsch (Foto: Argos/Picuretank)
Patient: Einschätzung über Psyche oft falsch (Foto: Argos/Picuretank)

Arlington (pte020/13.12.2012/13:25) Nach über einem Jahrzehnt Arbeit wird die American Psychiatric Association http://psych.org im Mai 2013 die nächste Ausgabe des Handbuches Psychischer Störungen (DSM-5) http://dsm5.org/Pages veröffentlichen. Einem Bericht des NewScientist nach ist mit Veränderungen zu rechnen, die die Behandlung von Millionen Menschen beeinflussen werden. Dazu gehören neue Definitionen von Autismus und ähnlicher Krankheiten sowie eine Veränderung der Kriterien für Depressionen, die die Trauer nach einem Verlust einschließen sollen.

Wissen inzwischen überholt

Die Diskussionen über das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders scheinen damit weiterzugehen. Es gilt jedoch, zusätzlich ein Problem zu berücksichtigen: Es gibt immer mehr Wissen über die Gene und die Schaltkreise im Gehirn, denen das menschliche Verhalten zugrunde liegt. Große klinische Fortschritte wurden jedoch in diesem Zusammenhang bisher nicht erzielt.

Verantwortlich dafür ist auch, dass diese Forschungsergebnisse nicht sehr leicht mit den im Handbuch beschriebenen Erkrankungen in Einklang zu bringen sind. Bei der letzten großen Veränderung im Jahr 1994 hofften die Verfasser, dass sich die Neurobiologen bald auf die spezifische Störungen der Schaltkreise des Gehirns konzentrieren würden, die bei den wichtigen psychischen Erkrankungen eine Rolle spielen.

Neue Diagnose-Ansätze gefordert

Michael First von der Columbia University http://columbia.edu betont, dass er naiv genug gewesen ist zu glauben, das alles nur noch eine Frage der Zeit sei. Es sei aber anders gekommen. Schizophrenie zum Beispiel wurde früher als eine klar psychotische Erkrankung angesehen. Tatsächlich scheine es sich um eine ganze Reihe von Störungen der normalen Gehirnfunktion zu handeln. Das lege nahe, dass viele der diagnostischen Charakterisierungen keine zusammenhängenden Erkrankungen mit verbreiteten Ursachen lieferten.

Einige Kritiker argumentieren, dass es an der Zeit sei, das Handbuch einfach zu zerreißen und mit mehr Input von vorne anzufangen. In den kommenden Wochen wollen die Organisatoren einer Petition für eine Reform von DSM-5 ein Onlineforum ins Leben rufen, um ein neues Diagnosesystem zu diskutieren. Diese Initiative wird von rund 14.000 Experten unterstützt.

Langfristig dürfte das Research Domain Criteria Project des National Institute of Mental Health die größte Hoffnung für die psychiatrische Diagnose sein. Anstatt Menschen mit Bezeichnungen wie Schizophrenie oder Depression zu versehen, zielt dieses Projekt darauf ab, biologische und verhaltensbedingte Messwerte zu entwickeln, die zugrundeliegenden Veränderungen der Schaltkreise des Gehirns widerspiegeln. Entscheidend ist, dass diese Werte Staffelungen des Bereiches zwischen gesund und krank enthalten werden und nicht, wie zum Beispiel bei der Diagnose von Bluthochdruck, einfach nur eindeutige Werte.

(Ende)
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