pte20120925020 Technologie/Digitalisierung, Unternehmen/Wirtschaft

Österreichische Print-Medien stecken in der Krise

Geringe Mittel, komplexe Themen und Korruption bleiben Dauerbrenner


Zeitungen: Wettbewerb wird härter (Foto: pixelio.de, S. Krekeler)
Zeitungen: Wettbewerb wird härter (Foto: pixelio.de, S. Krekeler)

Wien (pte020/25.09.2012/16:45) Österreichische Zeitungen befinden sich in einer schwierigen Situation. Der Markt ist klein, der Druck von Politik und Wirtschaft hoch, der Umbruch im Mediennutzungsverhalten zwingt zum Umdenken und die Verflechtungen zwischen Journalisten, Politikern und Exponenten der Wirtschaft sind stärker als in anderen Ländern.

Mit diesem Ballast ist es angesichts komplexer Themen wie der weltweiten Bankenkrise schwierig, die demokratiepolitisch wichtige Rolle als vertrauenswürdige Informationsquelle für die Allgemeinheit auszufüllen. Anlässlich der Österreichischen Medientage http://www.medien-tage.at , die heute, Dienstag, in Wien ihre Türen geöffnet haben, diskutierte am Eröffnungstag ein hochkarätig besetztes Podium die Rolle von Zeitungen in der Krise und die Krise der Zeitungen.

Keine einfachen Antworten

In jüngster Zeit sind österreichische Medien ihrer Verantwortung teilweise gut nachgekommen, so der Konsens. "Was den U-Ausschuss angeht, haben die Medien die Aufklärung gut erledigt", sagt Alexandra Föderl-Schmid vom Standard. Andernorts gibt es aber definitiv noch Aufholbedarf. "Die Wirtschaftskrise wurde weniger gut aufbereitet. Wir versuchen unser Bestes, es stellt sich aber die Frage, was wir mit unseren beschränkten Mitteln überhaupt leisten können. Bei dem Thema gibt es von drei Experten vier verschiedene Meinungen", sagt Eva Weissenberger von der Kleinen Zeitung Kärnten.

Die Komplexität der wirtschaftlichen Zusammenhänge kann aber auch eine Chance sein. "Der Einfluss der verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Interessen nimmt ab, weil die einzelnen Lager wegen der Komplexität der Materie so gespalten sind, dass sie die Medien nicht gängeln können. Ich fühle mich besser informiert als früher", meint Hansjörg Tengg von Tengg Management. Denn genau dieser Druck von Wirtschaft und Politik ist in Österreich ein großes Problem. "Geldflüsse, die den Inhalt beeinflussen, sind eine Sauerei. Der Umgang von Journalisten mit Politikern in Österreich ist teilweise furchtbar. Die fehlende Distanz wäre andernorts unvorstlellbar", sagt Hans Georg Gasser vom Verband Österreichischer Zeitungen.

Wichtige Themen unangetastet

Teilweise werden wichtige Themen in der Berichterstattung auch einfach außen vor gelassen. "Die Wirtschaftskrise ist nur ein Vorbote einer weit größeren Verwerfung: des Bedeutungsverlustes der führenden Nationen in der Welt. Die Medien müssen solche Themen aufbereiten und Alternativen zu den als alternativlos präsentierten Aussagen der Politiker anbieten", so Tengg. Das hat andernorts funktioniert. "Ich bin stolz darauf, was die Medien in diesem Land in den letzten Jahren alles an Korruption aufgedeckt haben. Das ist wichtiger als die Wirtschaftskrise, die hierzulande gar nicht so dramatisch ist. Mit der Korruption beginnt der Abstieg", sagt Helmut Brandstätter vom Kurier.

Korruption ist auch innerhalb der österreichischen Medien Thema. Von selektiver Inseratenvergabe durch die Politik bis zu gekauften Berichten und bezahlten Pressereisen. "Wir können nicht über Korruption schreiben, wenn wir selbst nicht sauber sind. Die Selbstkontrolle ist zu wenig ausgeprägt, etwa beim Aktienbesitz von Wirtschaftsredakteuren", so Föderl-Schmid. Compliance-Regeln werden derzeit vielerorts diskutiert, sie sind aber längst noch nicht überall vorhanden. "Der U-Ausschuss könnte den heimischen Medien als Signal zum Neuaufbruch dienen", schlägt etwa Wolfgang Fellner von der Medinegruppe Österreich vor.

Presseförderung bleibt Zankapfel

Eine saubere Presse könnte ihre Aufgaben im demokratischen System auch wieder einfacher erfüllen, allerdings muss dazu auch Geld vorhanden sein. Angedacht ist eine Umstrukturierung der Presseförderung. "Wir werden Verhandlungen mit der Regierung starten", so Gasser. Vor allem die Benachteiligung gegenüber dem ORF schlägt einigen Zeitungsmachern auf das Gemüt. "Die Medien wachsen zusammen, der ORF mit seinen enormen staatlichen Zuschüssen konkurriert im Netz auch mit den Zeitungen. Eine fair verteilte Medienabgabe wäre gerecht", so Brandstätter.

Was die Kriterien für eine solche Fördrung angeht, herrscht noch Uneinigkeit. Die einen wollen Qualität fördern, von der aber unklar ist, wer sie beurteilen soll, die anderen wollen vor allem Ausbildung und Auslandskorrespondenten kofinanziert sehen. Klar ist nur, dass es sich nicht um eine "Papierförderung" handeln soll, sondern auch Online-Medien miteinbegriffen werden. Dabei stehen die Zeitungen in Österreich vergleichsweise gut da. "Jede gut geführte Zeitung hat begriffen, dass die Zukunft nicht mit Papier bewältigt werden kann. Aber Papier hat noch Kraft", sagt Gasser abschließend.

(Ende)
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