pte20120711021 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Korallenriffe noch nicht verloren

Experten fordern sofortiges Handeln zum Schutz der Ökosysteme


Korallenriff: Rettung der Unterwasserparadiese noch möglich (Foto: Flickr/USFWS)
Korallenriff: Rettung der Unterwasserparadiese noch möglich (Foto: Flickr/USFWS)

Cairns/Bremen (pte021/11.07.2012/12:45) Der heutige Zustand der Korallenriffe ist trist, aber nicht hoffnungslos. Zu diesem Urteil kommen Fachexperten beim Symposium der internationalen Korallenforscher (ICRS), das diese Woche im australischen Cairns stattfindet. "Bisher nimmt man an, dass 90 Prozent der Korallenriffe bis 2100 verschwinden. 60 bis 70 Prozent könnte man dennoch durch schnelles Handeln retten", sagt John Pandolfi vom ARC Centre of Excellence for Coral Reef Studies http://coralcoe.org.au .

Schutz beginnt bei Stressfaktoren

Pandolfi hat mit seinem Team die Geschichte der Riffe über die vergangenen 50 Mio. Jahre zurückverfolgt. Deutlich wurde eine auffällige Widerstandskraft der Korallen, da sie sich bereits mehrmals nach einer Globalerwärmung mit hohen CO2-Konzentrationen erholt und selbst nach Massenauslöschungen rasch wieder aufgerappelt haben. Der Wehrmutstropfen: "Rasch bedeutet bei Riffen nach großen Extinktionen immer noch bis zu zehn Mio. Jahre, was für Industrie, Bevölkerung und Nahrungsversorgung lange ist", bemerkt der Korallenforscher.

Im Unterschied zu früher gesellen sich nun zum Klimawandel auch neue Stressoren wie Verschmutzung oder Überfischung. Optimistisch stimmen Pandolfi allerdings Experimente, denen Zufolge das Eindämmen von Überfischung und Verschmutzung und deren Auswirkungen auf die Riffe möglich ist. "Das Zeitfenster ist noch offen, um das Ärgste abzuwenden - durch aggressive Einschnitte bei den CO2-Ausstößen, eine Reduktion der Überfischung, Verschmutzung und Zerstörung der Korallenhabitate sowie ein vernünftiges Riffmanagement. Handeln müsste man aber sofort", fordert der Experte.

Mini-Alge in Schlüsselrolle

Das bereits laufende Korallensterben äußert sich durch die sogenannte "Korallenbleiche". Was dabei geschieht, erklärt Ingo Burghardt, Ökologe am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) http://zmt-bremen.de , im pressetext-Interview. "Infolge des Anstiegs der Wassertemperatur sowie der Sonneneinstrahlung verlieren Korallen bestimmte Einzeller-Algen und damit deren grün-braune Farbe. Die Algen sind jedoch wichtige Symbionten, die die Korallen mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgen. Dauert eine derartige Bleiche über Monate, degradiert das Riff und stirbt in vielen Fällen."

Korallenbleichen treten in Wellen auf, wobei das letzte größere Ereignis über zwei Jahre zurückliegt. "Viele Riffe sind in den vergangenen Jahrzehnten durch eindeutig menschliches Einwirken abgestorben. Problematisch ist besonders, dass die Bleichereignisse immer länger dauern, die Abstände zwischen ihnen jedoch immer kürzer, wodurch sich die Riffe nicht mehr erholen", erklärt Burghardt. Prognosen für die fernere Zukunft steht der Experte dennoch distanziert gegenüber. "Es gibt noch viele Unsicherheitsfaktoren, die eine Reaktion der Korallen auf künftigen Umwelt- und Klimawandel schwer vorhersagen lassen."

Schicksal von 500 Mio. Menschen

Die Bedeutung der Korallenriffe für Mensch und Umwelt sind kaum zu unterschätzen: Eine halbe Mrd. Menschen in 81 Ländern hängen von ihrem Überleben stark ab, rechnen die australischen Forscher vor. Denn Riffe sind nicht nur Tauchparadiese und somit Tourismusmagnete. "Sie sind Laichgebiet und Kinderstube unzähliger tropischer Fischarten und schützen Küsten vor hohen Wellen. Korallenriffe haben somit nicht bloß dekorative, sondern vor allem ökologische und ökonomische Funktionen", betont Burghardt.

Link zum Symposium: http://icrs2012mediaportal.com

(Ende)
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