pte20120321003 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

Online-Kirchenzeitung der Mormonen hebt ab

Weltweite Leserschaft und regionale Werbung für ökonomischen Erfolg


Mormonen-Tempel: voller potenzieller Leser (Foto: Wikipedia, cc Entheta)
Mormonen-Tempel: voller potenzieller Leser (Foto: Wikipedia, cc Entheta)

Salt Lake City (pte003/21.03.2012/06:10) Der Zeitungsmarkt in den ganzen USA erlebt derzeit die größte Krise aller Zeiten. Die Deseret News http://www.deseretnews.com , ein kleines Blatt aus dem Bundesstaat Utah, das der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage - oder kurz: den Mormonen - gehört, stemmt sich aber erfolgreich gegen den drohenden Untergang, wie die Financial Times berichtet. Die älteste Tageszeitung Utahs, mit einer Wochentags-Auflage von etwa 70.000 Exemplaren, hat im Jahr 2009 entgegen dem Trend zur Zusammenlegung von On- und Offline-Geschäft eine Internet-Abteilung eröffnet. Seither explodiert das digitale Geschäft.

Mormonen aller Länder

Die Deseret News veröffentlichen nicht viele Zahlen. Es ist aber bekannt, dass die digitalen Werbeumsätze 2010 um 75 Prozent und 2011 um 65 Prozent gewachsen sind. Die Online-Leserschaft ist in den vergangenen Jahren ebenfalls um 49 Prozent gewachsen. Der im Internet generierte Umsatz ist in jedem der vergangenen drei Jahre um mindestens 50 Prozent gewachsen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre ist dabei auf eine Umstrukturierung des Unternehmens zurückzuführen. Früher war das Print-Anzeigengeschäft eine Goldgrube für die Deseret News. Mittlerweile spielt es kaum mehr eine Rolle.

Unter dem Kostendruck haben die Eigentümer alle Redaktionen des Unternehmens zusammengelegt, egal ob Radio, Print, Fernsehen oder Online. Die Berichterstattung wurde auf sechs Bereiche fokussiert, in denen eine Marktlücke im Netz vermutet wurde, darunter Glaube, Erziehung und Familie. Gleichzeitig wurde das Online-Kleinanzeigengeschäft aufgebaut. Mittlerweile ist die Zeitung Marktführer auf diesem Gebiet in Utah. Vom digitalen Werbemarkt in Salt Lake City gehen mittlerweile 65 Prozent an die Deseret News. In der Redaktion bleibt Kosteneffizienz trotzdem weiterhin das Gebot der Stunde.

Gefährlich für Demokratie

"Die Tendenz zur Spezialisierung in der Berichterstattung gibt es in den Medien schon länger. Sogenannte Very-Special-Interrest-Magazine, die Interessen einer religiösen oder anderen Gruppe abdecken, machen vor allem im Internet Sinn, wo die Distributionskosten gegen Null gehen", erklärt Fritz Hausjell vom Institut für Publizistik der Universität Wien http://univie.ac.at gegenüber pressetext. Das potenziell internationale und loyale Publikum verspricht ökonomischen Erfolg.

"Limitierende Faktoren sind die Sprache und mangelnde Homogenität in den Gruppen. Nur sehr orthodoxe Gemeinschaften erlauben mit eng geführter Themenauswahl ein überregionales Erreichen der Mitglieder. Katholiken oder Muslime unterscheiden sich schon innerhalb einzelner Länder zu stark voneinander", so Hausjell. Ein Verschwinden von Medien, die eine breite Themenpalette abdecken, befürchtet der Experte aber nicht. "Eine zu starke Spezialisierung der Medien würde Tendenzen zur Etablierung von Parallelgesellschaften verstärken und Integration erschweren", so Hausjell.

Auch andere demokratiepolitische Probleme würden sich durch eine zunehmende Spezialisierung der Medien verstärken. "Durch die Förderung publizistischer Qualität, öffentlich-rechtliche Medien und ein funktionierendes Bildungssystem, das nicht nur Egoisten mit singulären Interessen produziert, wird dieser Entwicklung Einhalt geboten, auch wenn der Markt eigentlich in diese Richtung tendiert", sagt Hausjell.

(Ende)
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