pte20120208019 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

OpenStax: Gratis Lehrbücher für Studenten

US-Universität will Vertriebswege revolutionieren


Rice University: Konzept für preiswerte Lehrbücher (Foto: Wikipedia, gemeinfrei)
Rice University: Konzept für preiswerte Lehrbücher (Foto: Wikipedia, gemeinfrei)

Houston (pte019/08.02.2012/13:32) Die US-amerikanische Rice University http://www.rice.edu will in Zusammenarbeit mit dem Non-Profit-Verlag OpenStax http://openstaxcollege.org das Vertriebsmodell für Universitäts-Lehrbücher umkrempeln. Professionell geschrieben und gelayoutete Unterrichtstexte sollen in elektronischer Form gratis zur Verfügung gestellt werden. Gedruckte Versionen und zusätzliche Online-Ressourcen sollen gegen geringe Gebühren angeboten werden. Zunächst sollen Lehrbücher zu grundlegenden Fächern wie Biologie, Psychologie oder Physik erscheinen.

"Die Lehrbuch-Verlage müssen sich etwas einfallen lassen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ein hybrides Verlagsmodell mit frei zugänglichen elektronischen Versionen und bezahlten Druckwerken könnte mit Anpassungen auch für kommerzielle Anbieter interessant sein", sagt Klaus-Rainer Brintzinger, Leiter der Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München http://www.uni-muenchen.de , gegenüber pressetext.

Alte Idee

Die Rice University macht sich schon seit längerer Zeit Gedanken darüber, wie der finanzielle Aufwand für Lehrbücher gesenkt werden kann. Auch im deutschsprachigen Raum gab es schon Modellversuche. "Vor einem Jahr hat die Universität Innsbruck den kompletten digitalisierten Bibliotheksbestand, inklusive Lehrbücher, online zur Verfügung gestellt. Das war jedoch ein Verstoß gegen Urheberrechte und wurde deshalb umgehend eingestellt", sagt Michael Kernstock, Obmann des Fachverbands für Buch- und Medienwirtschaft der Österreichischen Wirtschaftskammer http://wko.at , im Gespräch mit pressetext.

Die Rice University will vorerst nur Lehrbücher für Einsteiger-Kurse anbieten. Die elektronischen Inhalte können von ihren Nutzern nach Belieben modifiziert werden. Durch den Verkauf der Druckversionen und zusätzlicher Online-Inhalte sollen Herstellung und Überprüfung der Lehrmaterialien finanziert werden. Das Startkapital kommt von privaten Stiftungen, die das Projekt unterstützen wollen. Bisher haben sich weitere höhere Bildungseinrichtungen im niedrigen zweistelligen Bereich für die Verwendung der Gratis-Lehrbücher angemeldet. Die ersten Bücher sind bereits für März 2012 geplant.

Versuchsballon

"Dieses neue Modell wird eine Probe aufs Exempel. Es wird sich zeigen, ob es sich finanziell selber tragen kann. Jemand muss bezahlen", sagt Kernstock. Der Ansatz, Bücher gratis oder sehr günstig zu verteilen, ist auch eine Reaktion auf den Einstieg von Apple ins Lehrbuch-Geschäft (pressetext berichtet: http://pressetext.com/news/120112015/ ). "Die Verlage haben Angst. Dabei könnten sie die Einführung neuer Modelle als Chance begreifen. Allerdings muss sich bei den elektronischen Büchern auch technisch noch einiges tun. Es gibt in Deutschland bereits erste Verlage, die sich auf hybrides Publizieren spezialisiert haben und gut davon leben", sagt Brintzinger.

Ob sich die Qualität der neuen Lehrbücher tatsächlich mit traditionellen Materialien messen kann, bleibt abzuwarten. "Wissenschaftler verdienen mit dem Verfassen von Lehrbüchern Geld. Als akademische Publikationen werden solche Werke nicht anerkannt. Ohne pekuniären Anreiz ist es fraglich, ob man Spitzenpersonal für die Erstellung von Lehrbüchern rekrutieren kann", so Brintzinger. Unbestritten ist das Einsparungspotenzial für Studenten, das sich bei bis zu 300 Dollar pro Buch bewegt.

(Ende)
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