pte20120201013 Medizin/Wellness, Politik/Recht

Assistenzärzte: "Ausbildung und Einsatz falsch"

Abschaffung des Allgemeinmedizin-Turnus für Fachärzte gefordert


Andreas:
Andreas: "Fachärztemangel droht in Österreich" (Foto: fotodienst.at/Draper)

Wien (pte013/01.02.2012/11:10) Die derzeitige Form der Ärzteausbildung ist ineffizient und bringt immer mehr Mediziner dazu, ins Ausland abzuwandern. Diese Kritik haben Vertreter der Jungmediziner Wiens am gestrigen Dienstagabend in einem Pressegespräch geäußert. Die Jungärzte sprechen sich vehement gegen Sparvorhaben der Regierung sowie der Krankenanstaltenträger aus und fordern gesetzliche Verbesserungen, die den Arztberuf wieder attraktiver machen.

"Es gibt in Österreich keinen Ärztemangel, doch es droht ein Fachärztemangel. Die Qualität der Ausbildung und die Zuwendung zum Patienten leidet daran, dass Turnusärzte in den Spitälern zur Dokumentation und Systemerhalt missbraucht werden. Viele Berufskollegen überlegen, nach Deutschland zu migrieren", berichtet Martin Andreas, Referent für arbeitslose Ärzte und Jungmediziner der Ärztekammer Wien http://www.aekwien.at , gegenüber pressetext.

Langer Hürdenlauf zur eigenen Ordination

In Österreich dauert die Ärzteausbildung unnötig lange, so die zentrale Kritik. Viele Ärzte müssen nach dem Studium zuerst für den dreijährigen Turnus für Allgemeinmedizin ins Spital. Wer eine Facharztausbildung anstrebt - die weitere sechs Jahre in Beschlag nimmt - muss diese an den Turnus "anhängen". "In Wien wartet man zudem zweieinhalb Jahre, um überhaupt einen Turnusplatz zu bekommen", berichtet Andreas.

Doch auch inhaltlich übt der Ärztesprecher Kritik an der Turnusausbildung, beinhalte sie doch zu viel Dokumentation und zu wenig Praxis. "Assistenzärzte verbringen viel Zeit mit der ICD-10-Kodierung des Krankheitsbildes oder machen Tätigkeiten wie Blutabnahmen oder Infusionen Anhängen." Zuständig wären für derartige Aufgaben die diplomierte Pflege - die ihrerseits jedoch mit Essensverteilung oder Organisation beschäftigt ist, die sie wiederum eigentlich delegieren sollte.

Tätigkeiten brauchen Festlegung

"Jeder sollte das tun, wofür er da ist. Denn mit der heutigen Aufgabenverteilung sinkt die Qualität der Ausbildung", erklärt Alexander Kavina, Turnusärztevertreter der Ärztekammer für Wien. Der Hintergrund: Turnusärzte hätten im Spital als die oft jüngsten Arbeitenden ihrer Abteilung eine denkbar schlechte Verhandlungsposition, seien in der Regel billig und hochmotiviert und machen zudem sehr viele Überstunden. Auch der hohe Konkurrenzdruck durch die arbeitslosen Jungmediziner spielt hier mit.

Seit Jahren fordert die Ärztekammer von Gesundheitsminister Stöger, dass eine derartige Regelung - das "Turnusärzte-Tätigkeitsprofil" - ins Gesetz übernommen wird. Als Reaktion kam jedoch ein Gesetzesentwurf, der Assistenzärzten nachts die Verantwortung für mehrere Stationen zugleich überträgt und die Situation somit noch verschlechtert hätte. Der Vorschlag wurde zwar abgewehrt, die Situation liegt jedoch weiterhin im Argen. Auch für die Lehrpraxis, einem weiteren Teil der Ausbildung, fehlt es laut Andreas an Förderungen, weshalb aufnehmende Ärzte den größten Teil der per Kollektivvertrag geregelten Gehälter selbst bezahlen müssen.

Kein Sparen bei Ausbildung

Österreichs Gesundheitssystem ist weit besser als sein Ruf, betont der Jungärzte-Sprecher. "Unser System ist hochqualitativ und günstig, wenn man es mit anderen EU-Staaten oder auch der USA vergleicht. Mehr Effizienz ist durch das Aufbrechen verkrusteter Kleinstrukturen möglich. Ein grundsätzlicher Sparzwang, besonders bei der Ausbildung, ist jedoch der falsche Weg."

Kostenloser Download der Fotos der Veranstaltung unter http://fotodienst.pressetext.com/album/2902

(Ende)
Aussender: redaktion.pressetext
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Tel.: ++43-1-811 40 306
E-Mail: pernsteiner@pressetext.com
Website: pressetext.com
|