pte20110628024 in Forschung

Intelligentes Material als künstlicher Angelköder

Seegurken-Haut als Vorbild für Material, das im Wasser zappelt


Zappeln am Haken: Kein Wurm, sondern Spezialmaterial (Foto: AIM/SNF)
Zappeln am Haken: Kein Wurm, sondern Spezialmaterial (Foto: AIM/SNF)

Marly (pte024/28.06.2011/13:50) Forscher am Adolphe Merkle Instituts (AMI) der Universität Freiburg http://www.am-institute.ch haben gezeigt, dass ein intelligentes Material als künstlicher Angelköder herhalten kann. Ein Stück des Polymer-Kompositmaterials ist an der Luft zwar steif, beginnt aber praktisch am Haken zu zappeln, wenn es mit Wasser in Berührung kommt. Freilich haben die Wissenschaftler auf Dauer eher ernsthaftere Anwendungen beispielsweise in der Medizin im Visier. Quell der Inspiration für das intelligente Material ist aber passender Weise mit der Seegurke ein Wasserbewohner.

Mal hart, mal weich

Die Seegurke hat an sich eine weiche Haut, die sich bei Berührung aber unmittelbar versteift. Möglich machen das eingelagerte Kollagenfasern, die sich unter den richtigen Bedingungen zu einer Art Gerüst verbinden. Eben dieses Prinzip kopiert das Team um den Polymerchemiker Johan Foster. Die Forscher haben kristalline Zellulose-Nanofasern in ein Polymer eingebettet. Diese verbinden sich an Luft über sogenannte Wasserstoffbrücken, sodass das Material bei entsprechender Konzentration steif wie eine CD-Hülle wird. Im Wasser aber weichen die Verbindungen auf, das Polymer wird weich wie Kautschuk.

Ein künstlicher Wurm ist mit solch einem Material entsprechend einfach zu fertigen. Es genügt, ein Stück passender Größe zu befeuchten, im elastischen Zustand zu dehnen und zu verdrehen und das Material dann wieder zu trocknen. Dadurch erstarrt das verformte Polymerstück. Kommt es danach beispielsweise, wenn es an einem Angelhaken hängt - wieder mit Wasser in Berührung, macht sich das Formgedächtnis des Material bemerkbar. Wenn es wieder weich wird, kehrt es in seine Ursprungsform zurück - und sieht während dieses Vorgangs aus wie ein zappelnder Wurm.

Gehirnimplantate

Die vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) http://www.snf.ch geförderte Arbeit an intelligenten Materialien ist aber nicht nur dazu gedacht, eher amüsante Anwendungen wie künstliche Angelköder zu ermöglichen. Vielmehr schweben den Experten auch hochtechnische Einsatzgebiete wie beispielsweise im Bereich medizinischer Implantate.

Denkbar ist beispielsweise, das Polymer-Kompositmaterial als Substrat für Elektroden zu nutzen, die ins Gehirn implantiert werden. Denn wenngleich nur steife Elektroden eine wirklich präzise Platzierung erlauben, beschleunigen sie auch Abstoßungsreaktionen durch den Organismus. In dieser Hinsicht sind weiche Materialien vorzuziehen. Die AMI-Entwicklung könnte letztlich beide Anforderungen erfüllen, indem ein steifes Implantat nach dem Einsetzen durch die wässrige Gehirnflüssigkeit weich wird und so eine Abstoßung hinauszögert.

(Ende)
Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Thomas Pichler
Tel.: +43-1-81140-303
E-Mail: pichler@pressetext.com
Website: pressetext.com
|