pte20110504020 Bildung/Karriere, Medizin/Wellness

Medien-Multitasking funktioniert nicht

Laufender Fernseher macht Konzentration auf Computer zunichte


Auge: Zwei Bildschirme sind um einer zuviel (Foto: pixelio.de/Bthomas)
Auge: Zwei Bildschirme sind um einer zuviel (Foto: pixelio.de/Bthomas)

Chestnut Hill/Wien (pte020/04.05.2011/13:55) Wer Computer und Fernseher nebeneinander laufen hat, kann seine Aufmerksamkeit nicht auf beide Informationsquellen zugleich richten - so sehr er dies auch selbst glaubt. Diesen häufigen Selbstbetrug haben US-Forscher aufgedeckt. In der Zeitschrift "Cyberpsychology, Behaviour and Social Networking" berichten sie, dass ein paralleles Zweitmedium immer in bedenklichem Ausmaß ablenkt, ohne dass man sich dessen bewusst wird. "Die Ära der Mono-Medienumgebung ist vorbei. Das ständige Medien-Multitasking stellt heute die Effizienz und Produktivität in Frage", so Studienleiter Adam Brasel vom Boston College http://www.bc.edu .

Verhängnisvoller Seitenblick

Erhoben wurde das durch einen Test mit 42 Erwachsenen, die in einem Raum mit Fernseher und Computer saßen und 27 Minuten lang Zeit hatten, nach freiem Ermessen beide Medien zu nutzen. Eine Kamera filmte die Augenbewegungen und machte dabei Störungen der Aufmerksamkeit sichtbar, besonders wenn die Versuchspersonen zwischen den beiden Medien wechselten.

Zwar blickten die Probanden zwei Drittel der Zeit auf den Computer, doch nicht, ohne den Fernseher aus den Augen zu lassen. Im Schnitt alle 14 Sekunden wechselten die Augen zwischen den Bildschirmen, meist für Seitenblicke von zwei Sekunden oder weniger. Kaum jemals konzentrierten sie sich länger als eine Minute auf einen der beiden Bildschirme - was beim Computer nur in 7,5 Prozent der Fälle, beim Fernseher gar nur bei 2,9 Prozent vorkam.

Ausgetrickstes Bewusstsein

"Schockiert" waren die Forscher jedoch vor allem davon, dass der häufige Wechsel fast ausschließlich unbewusst verlief. Ließ man die Probanden schätzen, wie oft ihr Blick gewandert war, so tippten sie auf 15 Mal. Tatsächlich waren es im Schnitt jedoch 120 Mal bzw. 70 Mal, wenn kürzere Blickwechsel unter 1,5 Sekunden außer Acht blieben. Falsche Selbstwahrnehmung war dabei sowohl die Annahme der TV-Seher, sie würden nur in Werbepausen auf den Computer blicken, als auch jene der Computernutzer, dass sie nur lange Ladezeiten von Webseiten für TV-Blicke nützen würden.

Früher als Tugend gepriesen, werden heute immer mehr Schattenseiten des Multitaskings bekannt, das infolge der zunehmenden Medienvielfalt zum Dauer-Thema geworden ist. Hirnforscher haben gezeigt, dass spätestens bei zwei gleichzeitigen Aufgaben die Verarbeitungsgrenze des Gehirns bereits voll ausgeschöpft ist (pressetext berichtete: http://search.pressetext.com/news/20100416006/ ). Wer sich nur auf eine Aufgabe konzentriert, schneidet in bestimmten Tests um bis zu 20 Prozent besser ab als Multitasker.

Zu viele Reize

"Manchen Menschen gelingt Multitasking sehr gut, was im Beruf als positiv gesehen wird. Über längeren Zeitraum kostet es jedoch an Substanz, dass das Gehirn dabei stets auf Hochtouren läuft. Wer sich angesichts der zunehmenden Reizüberflutung nicht genügend abgrenzen kann, gerät in letzter Folge sogar in Gefahr des Burnouts", erklärt Beate Handler, Psychologin und Autorin des Goldegg-Buches "Wie der Mensch denkt", auf pressetext-Anfrage. Schamlos ausgenutzt werde die Multitasking-Eignung vor allem bei der Fernsehwerbung. "Sie heischt ständig um die Aufmerksamkeit des Konsumenten - und wenn es nur für wenige Sekunden ist", so die Expertin.

Originalstudie unter http://www.liebertonline.com/doi/abs/10.1089/cyber.2010.0350

(Ende)
Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Tel.: +43-1-81140-306
E-Mail: pernsteiner@pressetext.com
Website: www.pressetext.com
|