pte20070305006 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Vitamin-Studie: Experte kritisiert bedenkliches Vorgehen

Statistische Signifikanz sagt nichts über methodische Mängel aus


Wien (pte006/05.03.2007/06:50) Ein Experte kritisiert das Ergebnis der aktuellen dänischen Studie, wonach die Einnahme bestimmter Vitaminpräparate negative Auswirkungen auf die Lebenserwartung haben kann (pressetext berichtete: http://www.pte.at/pte.mc?pte=070228008 ). Die Metastudie, die im Journal of the American Medical Association http://jama.ama-assn.org veröffentlicht wurde, weise zwar eine statistische Signifikanz auf. "Es ist jedoch ein grober Fehler, sich mit der statistischen Signifikanz allein zu begnügen und die methodische Qualität der Untersuchung nicht zu hinterfragen", so der Wiener Holopopath und Klinische Psychologe Alexander H. Gaischin http://www.gaischin.at im pressetext-Interview. Das sei ein bedenkliches Vorgehen.

"Das Ergebnis allein sagt nichts über eventuelle methodische Mängel aus", erklärt Gaischin. "Wenn man, wie im Falle der angesprochenen Metastudie hört, dass Daten aus 68 klinischen Studien mit insgesamt 232.606 Teilnehmern aus 385 Publikationen analysiert wurden, so ist man natürlich versucht, den Wirksamkeitsnachweis für tatsächlich nicht erbracht zu erachten", meint der Mediziner. "Abgesehen von möglichen Fehlern in der Planung, Durchführung, Auswertung und Interpretation, spielt die Erwartungshaltung des Auftraggebers hinsichtlich der Verwertbarkeit einer Studie eine wesentliche Rolle", so Gaischin.

"Wie bei allen privat-industriell beauftragten klinischen Studien geht es um viel Geld. Besonders dann, wenn allgemein bekannt wird, dass eine simple Erhöhung der Vitamin-E-Zufuhr das Infarktrisiko um 34 Prozent senkt - wie dies in der Nurses Health Study 1993 festgestellt wurde - während die chemischen Produkte der Pharmafirmen wie etwa der Cholesterinsynthesehemmer Lipobay dieses Risiko nur um sieben Prozent senken kann", so der Mediziner. Die Frage der Kosten und Nebenwirkungen wurde dabei nicht berücksichtigt. "Alpha-Tocopherol ist die aktivste biochemische Vitamin-E-Verbindung, die beträchtliche antioxidative und antiproliferative Wirkung zeigt", erklärt Gaischin. "In der ATBC-Cancer-Prevention-Studie von Heinonen erhielten mehr als 29.100 Männer im Alter von 58 bis 69 Jahren und einem bekannten Lungenkarzinom 50 Milligramm alpha-Tocopherol oder 20 Milligramm Betacarotin einmal täglich für bis zu acht Jahre lang. Die Prostatakarzinominzidenz, als ein Endpunkt der Studie, verringerte sich um 32 Prozent in der alpha-Tocopherol-Gruppe."

"Auch für Selen konnte in groß angelegten randomisierten Studien ein protektiver Effekt auf die Entstehung eines Prostatakarzinoms gezeigt werden", erklärt Gaischin. "In der Nutritional Prevention of Cancer-Studie von Clark wurde das Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken, durch die Einnahme von mit Selen angereicherter Hefe um 50 Prozent reduziert." Unterstützung habe dieses Ergebnis durch epidemiologische Daten von der Health Care Professionals Follow-up Studie erhalten, die den Zusammenhang zwischen dem Selengehalt in Zehennägeln und dem Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken, an mehr als 51.000 Männern untersuchte. "Dabei verhielt sich der Selenanteil in den Zehennägeln umgekehrt proportional zum Risiko eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms."

Die genannten Studien treffen zwar keine Aussage hinsichtlich einer Erhöhung der Sterblichkeit, stehen aber im krassen Widerspruch zu den Ergebnissen der zitierten Studie. "Wenn dann unmittelbar nach Veröffentlichung solcher Studien die Pharmaindustrie vehement fordert, therapeutisch erfolgreiche Nahrungsmittelergänzungen als Medikamente einzustufen, wodurch diese durch das kostenintensive Procedere der gesetzlich vorgeschriebenen Arzneimittelprüfung müssten, werden Interessenslage und Intension bestimmter klinischer Studien erst richtig deutlich", subsumiert der Experte.

Eine bestimmte Erwartungshaltung des Auftraggebers einer klinischen Studie betreffe aber nicht nur die Pharmaindustrie, sondern den gesamten medizinisch-industriellen Komplex, inklusive Medizintechnik. "Dieser Komplex ist oft der größte Arbeitgeber in westlichen Ländern. Wenn die Milliardenumsätze dieser Gruppe um nur 20 Prozent zurückgehen, weil die Bevölkerung durch die konsequente Ergänzung mit Mikronährstoffen weniger krank ist, dann wäre nicht nur der Arbeitsmarkt massiv betroffen, sondern hätte das dramatische Auswirkungen auf unser Gesundheits-, Sozial-, und Rentensystem", meint Gaischin.

"Mehr unabhängige Studien sind unerlässlich. Unabhängigkeit kann aber nur dadurch erzielt werden, dass die finanzielle Unterstützung der Studien durch staatliche Stellen und/oder unabhängige Organisationen, Stiftungen und ähnliches gewährleistet wird", meint Gaischin. Wenn man aber dort Gelder für klinische Studien beantrage, würden diese nur sehr selten bewilligt werden. "Diese Organisationen halten die Grundlagenforschung für wesentlich bedeutsamer als die klinische Forschung, wobei sich beide Richtungen ergänzen und nicht ausschließen sollten", so Gaischin abschließend im pressetext-Interview.

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