pte20061110001 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Zerstörte Körperteile wachsen bei Molchen einfach nach

Forscher suchen nach neuen Methoden für Humanmedizin


Max Planck Institut für Herz- und Lungenforschung
Max Planck Institut für Herz- und Lungenforschung

Bad Neuheim/Dresden (pte001/10.11.2006/06:05) Molche haben es Forschern zweier Max-Planck-Institute offensichtlich angetan: Die Amphibien haben nämlich eine erstaunliche Fähigkeit: Bei Verlust von Gliedmaßen bilden sich diese einfach nach. Wie Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung http://www.kerckhoff.mpg.de in Bad Nauheim nun berichten, wächst sogar das Herz nach. Forscher des Max-Planck-Instituts für Molekulare Zellbiologie und Genetik http://www.mpi-cbg.de in Dresden haben beim mexikanischen Axolotl entdeckt, dass sich auch das geschädigte Rückenmark wieder vollständig regenerieren kann. Nun suchen die Forscher nach Möglichkeiten diese Art der Regeneration auch in der Humanmedizin anzuwenden.

Die Prozesse, die dieser Fähigkeit zugrunde liegen, werden derzeit vom Forscherteam um Elly Tanaka vom Max-Planck-Instituts für Molekulare Zellbiologie und Genetik untersucht. Ziel ist es dabei, herauszufinden welche Gene diesen Vorgang steuern. Die Forscher nehmen an, dass dieses genetische Programm zur Regeneration ursprünglich in jedem Lebewesen vorhanden war. Beim Axolotl hat sich diese allerdings seit 350 Mio. Jahren nicht weiterentwickelt, während sie bei anderen Tieren und auch beim Menschen im Laufe der Evolution verloren gegangen ist. Die Forscher suchen nun nach Schritten, diese Funktionen beim Menschen wieder aufzuspüren und eventuell sogar zu reaktivieren.

Den Forschern um Thomas Braun vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung ist es beim Grünen Wassermolch (Notophtalmus viridescens) gelungen, zelluläre Mechanismen bei der Wiederherstellung von Gliedmaßen zu entschlüsseln, berichten sie in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Journal of Cell Science . Dabei konnten sie eine bemerkenswerte Plastizität von Molch-Herzzellen feststellen. "Der Schlüssel zu dieser Regenerationsfähigkeit sind die Herzmuskelzellen selbst", meint Braun im pressetext-Interview. "Das Sensationelle daran ist, dass die Zellen im Molchherz nach einer Schädigung des Organs in der Lage sind, ihre charakteristischen Eigenschaften aufzugeben, sich zu dedifferenzieren." Eine solche Wiederherstellung dauert beim Molch rund zwei Wochen. Braun berichtet, dass es seinem Team gelungen ist, diese Vorgänge zu beschreiben. "Was hier molekular genau abläuft, konnten wir noch nicht klären."

In den Untersuchungen konnte das Forscherteam feststellen, dass sich bei der Herzregeneration augenscheinlich kein typisches Wundheilungsgewebe bildet und dass die Regeneration ohne die Beteiligung von Stammzellen abläuft. "Das Herz besitzt nur eine relativ kleine Anzahl verschiedener Zelltypen. Dies könnte ein Grund sein, weshalb für den Wiederaufbau von Herzgewebe kein typisches Wundheilungsgewebe notwendig ist", erklärt der Wissenschaftler. Bei der Regeneration verloren gegangener Extremitäten bildeten die Molche hingegen ein Wundheilungsgewebe aus. "Wir vermuten, dass das Signal für die Dedifferenzierung von Zellen des Wundheilungsgebietes ausgeht und die Zellen untereinander kommunizieren", erklärt Braun. Solche Signale könnten beispielsweise durch bestimmte Enzyme vermittelt werden.

Ob und wann solche Anwendungen auch im humanmedizinischen Bereich zur tatsächlichen Anwendung kommen, wagt Braun nicht zu sagen. "Offensichtlich spielen hier verschiedene Faktoren eine wesentliche Rolle. Die Molche sind wechselwarm und können ihre gesamten Körper- und daher auch die Stoffwechselfunktionen nach unten schrauben", so Braun, der auch betont, dass selbst bei den Amphibien nur die Molche über solche Regenerationsmechanismen. Auch Froschlurche können das nicht. Eventuelle Anwendungsgebiete in der Humanmedizin sieht der Wissenschaftler vor allem im Bereich der Wundheilung und Narbenbildung. "Ehe es dazu kommt, gibt es aber noch sehr viele offene Fragen zu klären", meint der Forscher abschließend.

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