pte20080223001 Auto/Verkehr, Forschung/Entwicklung

Leise Hybrid-Autos gefährden Blinde

Handy-Navigationssysteme und RFID bieten Abhilfe


Hybrid-Autos zu leise? (Foto: toyota.com)
Hybrid-Autos zu leise? (Foto: toyota.com)

Annapolis/München/Bern (pte001/23.02.2008/06:10) Die National Federation for the Blind (NFB) hat in dieser Woche im US-Bundesstaat Maryland vor den Gefahren zu leisen Elektrobetriebs bei Hybrid-Autos gewarnt. Blinde, aber auch andere Verkehrsteilnehmer, würden diese Fahrzeuge nicht kommen hören, so die NFB vor dem dortigen Senat. "Hier in Deutschland rückt das Problem ebenfalls in den Fokus", meint Bernhard Claus, Mitglied im Gemeinsamen Fachausschuß für Umwelt und Verkehr (GFUV) des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) http://www.dbsv.org , im Gespräch mit pressetext.

"Wir sind uns der Problematik um die Inverkehrssetzung der Hybrid- und Elektroautos im Zusammenhang mit blinden und sehbehinderten Menschen bewusst", meint auch René Mathys vom Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV-FSA) http://www.sbv-fsa.ch auf Anfrage von pressetext. Intensive Lobby-Bestrebungen wie die des amerikanischen NFB, Mindestgeräuschpegel vorzuschreiben, seien dem SBV-FSA Europa betreffend aber nicht bekannt. Das mag auch daran liegen, dass Verbände die Gefahr erst genauer erforschen wollen. Der GFUV sei an konkreten Test mit Hybridautos interessiert, meint Claus. Entscheidend sei auch der Geräuschkontext. Speziell bei hohem Umgebungslärm und neben lauten Verbrennungsmotor-Fahrzeugen könne für Blinde und Sehbehinderte Gefahr von zu leisen Hybrid- und Elektroautos ausgehen. "Wenn nur noch solche Autos fahren, sind sie wahrscheinlich wieder zu hören", meint jedoch Claus.

Aktueller von Bedeutung für Blinde und Sehbehinderte ist die Entwicklung im Bereich technischer Hilfen zur Bewältigung des Verkehrsalltages. Dazu zählen die im Straßenbild mancher Großstädte schon verbreiterten akustischen Signalgeber bei Ampeln. Auch mit akustischen Informationssystemen wird bereits häufiger experimentiert. Hier warnt Claus vor Insellösungen, wo Systeme von einer Stadt zur nächsten völlig anders funktionieren. Zu begrüßen seien Bestrebungen für großflächige Navigationssysteme auf UMTS-Basis. Generell sind mobile Navigationshilfen interessant.

Mit LoadStone http://www.loadstone-gps.com gibt es ein Handy-Navigationssystem, das speziell für Blinde und Sehbehinderte entwickelt wurde. Es erfordert ein Symbian-S60-Mobiltelefon sowie einen Bluetooth-GPS-Empfänger und ist laut Jürg Cathomas vom SBV-FSA besonders für solche Anwender geeignet, die häufig die gleiche Strecken nutzen. Bei kartengestützten Navigationssystemen für den (sehenden) Massenmarkt fehlen dagegen in der Regel für Blinde und Sehbehinderte wesentliche Informationen, resümiert Cathomas. Das umfasst etwa Angaben über Unterführungen, Ampeln oder das Vorhandensein von Gehsteigen auf der einen oder anderen Straßenseite.

Auch die RFID-Technologie könnte trotz geringer Reichweite und vermeintlich hoher Kosten für Hilfssysteme dienen. Claus verweist auf ein Projekt in Laveno am Lago Maggiore. Dort wurden ursprünglich zur Identifikation von Schlachtvieh genutzte RFID-Transponder wiederverwertet, was die Kosten begrenzt. Auf einer zwei Kilometer langen Strecke im Boden versenkt, können sie jetzt in Verbindung mit einem passenden Stock-Sensor bei der Bewältigung der Teststrecke helfen. RFID-Testprojekte gäbe es auch in Japan, so Claus. "Es ist immer ein elektronisches Zusatzgerät notwendig", warnt Claus allerdings. Daraus ergibt sich ein Ausfallrisiko, weshalb technische Geräte rein mechanische Hilfen nicht gänzlich ersetzen können. "Taktile Bodenindikatoren bleiben unerlässlich", betont Claus.

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