pte20210308016 Medizin/Wellness, Technologie/Digitalisierung

Implantat lässt Blinde künftig wieder sehen

EPFL-Wissenschaftler wollen im nächsten Schritt mit klinischen Tests an Menschen beginnen


Diego Ghezzi begutachtet ein Netzhautimplantat (Foto: Alain Herzog, epfl.ch)
Diego Ghezzi begutachtet ein Netzhautimplantat (Foto: Alain Herzog, epfl.ch)

Lausanne (pte016/08.03.2021/11:30)

Menschen, die auf Grund von Netzhauterkrankungen blind sind, können einen Teil ihres Sehvermögens künftig zurückgewinnen. Möglich ist das mit einem Implantat, das ins Auge eingesetzt wird. Es ist mit einem Mikrocomputer gekoppelt, der im Bügel einer Brille sitzt. Er wandelt Signale, die eine an der Brille befestigte Kamera aufnimmt, in elektrische Impulse um, die von den Elektroden des Implantats auf die Netzhautzellen übertragen werden. Das vermittelt dem Blinden eine vereinfachte Schwarz-Weiß-Version des Bildes, das die Kamera aufnimmt, er sieht es als Lichtpunkte. Ehe er tatsächlich etwas sieht müsse er lernen, die vielen Lichtpunkte zu interpretieren, um Formen und Objekte zu erkennen, so Diego Ghezzi, der den Medtronic-Lehrstuhl für Neuroengineering (LNE) an der Ingenieurschule der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne https://www.epfl.ch (EPFL) in der Schweiz innehat.

 

[b]Tests mit Virtual Reality[/b]

 

„Es ist wie beim Betrachten von Sternen am Nachthimmel: Man kann lernen, bestimmte Konstellationen zu erkennen. Blinde Patienten würden mit unserem System ähnlich sehen", sagt Ghezzi. Er sagt „würden", weil das System noch nicht an Menschen getestet werden darf. Es fehlt noch die entsprechende medizinische Zulassung. „Wir haben jedoch ein Verfahren zum virtuellen Testen entwickelt", sagt Ghezzi. Mit seinem Team entwickelte er ein Virtual-Reality-Programm, mit sich simulieren lässt, was ein Blinder mit dem System sehen würde.

 

[b]Auf die Zahl der Elektroden kommt es an[/b]

 

„Wir mussten genau die richtige Zahl an Elektroden finden, damit das reproduzierte Bild nicht zu schwer zu erkennen ist", sagt Ghezzi. Sie mussten weit genug voneinander entfernt sein, damit der Blinde sie unterscheiden kann, und sie mussten so zahlreich sein, dass eine ausreichende Bildauflösung gesichert war. Außerdem musste sichergestellt werden, dass benachbarte Elektroden nicht denselben Punkt der Netzhaut stimulierten. „Um das sicherzustellen führten wir elektrophysiologische Tests durch, bei denen wir die Aktivität von Ganglienzellen der Netzhaut aufzeichneten", sagt Ghezzi. Als optimal stellte sich ein Netzhautimplantat heraus, das 10.500 Elektroden enthält. Der Ingenieur für Medizintechnik glaubt, dass das System jetzt für klinische Tests an Menschen reif ist.

(Ende)
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