pte20180626004 Politik/Recht, Handel/Dienstleistungen

Circinus verhilft Despoten mit Tool zum Machterhalt

US-Rüstungriese soll Tunesien und Emiraten Software angeboten haben


Mundtot: Circinus entdeckt neues Geschäftsfeld (Foto: Gabi Eder, pixelio.de)
Mundtot: Circinus entdeckt neues Geschäftsfeld (Foto: Gabi Eder, pixelio.de)

Fredericksburg/Kiel (pte004/26.06.2018/06:15) Der staatsnahe US-Rüstungskonzern Circinus http://circinus-llc.com soll den Regierungen in Zypern, Rumänien, Tunesien und den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Software zur Gewinnung von Internetdaten zum Verkauf angeboten haben. Wie "The Intercept" berichtet, soll Donald-Trump-Unterstützer und Circinus-Eigentümer Elliott Broidy seine politischen Verbindungen genutzt haben, um Kooperationen mit den Regierungen einzugehen.

Software macht Gegner mundtot

"Nicht nur für Rüstungskonzerne, sondern möglicherweise auch für andere Anbieter von Überwachungswerkzeugen, die sich sowohl in
zulässiger als auch unzulässiger Weise einsetzen lassen, bedeutet das ein neues Geschäftsfeld", sagt Marit Hansen, Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein http://datenschutzzentrum.de , auf Nachfrage von pressetext. "Diese zwei Seiten einer Medaille sind typisch für Dual-Use-Technologien, die daher besonders geregelt werden. Die aktuellen Regelungen unterbinden aber nicht effektiv einen Export von Überwachungswerkzeugen", stellt die Expertin klar.

In der Kritik steht Broidy vor allem deshalb, da sich unter den vermeintlichen Kooperationspartnern auch repressive Staaten, wie Tunesien oder die Vereinigten Arabischen Emirate, befinden sollen. Bei der Software handelt es sich dem Bericht nach um ein Werkzeug zur Sammlung von Open-Source-Daten. Das sind jene Infos, die im Internet, so etwa auch im Social Web, frei zugänglich sind.

Die Daten, die mittels der Circinus-Software extrahiert werden, könnten aber auch zur Verfolgung und Bestrafung von Regierungskritikern eingesetzt werden. Mittels Standortbestimmung lassen sich die Daten zurückverfolgen und dazugehörige Internetnutzer identifizieren. Das Software-Feature "Identity Resolution" soll zudem verschiedene Online-Identiäten entschlüsseln und einer realen Person zuzuordnen können. Indem die verschiedenen Weblinks zusammengefügt werden, lässt sich ein ganzheitliches Personenprofil erstellen.

Tunesien und Emirate in der Kritik

Vor allem Tunesien und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen immer wieder aufgrund von Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Der Umgang mit Regimekritikern- und gegnern in den beiden Staaten ist demokratiepolitisch fragwürdig. In Tunesien wurde beispielsweise vor einem Jahr ein Blogger inhaftiert, weil er sich kritisch gegenüber der Regierung äußerte.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde erst vor wenigen Monaten der Ökonom Nasser Bin Ghaith zu zehn Jahren Haft verurteilt, weil er einen kritischen Tweet über die Emirate postete. Circinus Rechtfertigung: Der Einsatz der Software läge im Verantwortungsbereich der Nutzer. Zudem würden Daten extrahiert, die ohnehin für jeden frei zugänglich seien.

Laut Hansen wird zwar seit Jahren auf EU-Ebene an einer Reform der Exportkontrolle gearbeitet. Und dennoch: "Es ist allerdings unklar, ob es künftig effektive Exportkontrollen gibt, die den Einsatz von Überwachungsinstrumenten in anderen Staaten - besonders solchen, bei denen Zwecke zu vermuten sind, die mit den Grund- und Menschenrechten nicht vereinbar sind - verhindern oder zumindest limitieren. Solchen Regelungen stehen häufig massive kommerzielle Interessen entgegen."

(Ende)
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