pte20180322002 Medien/Kommunikation, Technologie/Digitalisierung

Streit auf Reddit immer öfter ein Schneeballsystem

Drei Viertel aller Zwistigkeiten entfallen auf nur ein Prozent der Nutzer


Reddit-Analyse zur Verteilung der Streitthemen (Foto: stanford.edu)
Reddit-Analyse zur Verteilung der Streitthemen (Foto: stanford.edu)

Stanford (pte002/22.03.2018/06:05) Drei Viertel der auf Reddit http://reddit.com ausgetragenen Konflikte entstammen gerade einmal einem Prozent der tatsächlichen Plattform-Community. Zu diesem Fazit kommen Forscher der Stanford University http://stanford.edu im Zuge einer 40-monatigen Studie, die das Verhalten von Reddit-Nutzern und dem Konfliktverhalten zweier Nutzergruppen zu einem kontroversen Thema untersucht hat. Wenngleich es bei Online-Diskussionen häufig heiß hergeht, so sind doch nie so viele Menschen daran beteiligt, wie es zunächst den Anschein macht, sagen die Experten.

Echo-Kammern unter sich

"Insgesamt ist festzustellen, dass negative Mobilisierungen durch eine Handvoll andersdenkender Gemeinschaften initiiert werden. Diese haben jedoch ein gemeinsames 'Feindbild'", heißt es in einem Bericht, der die Aussage "Die New York Yankees haben mehr mit den Boston Red Sox gemeinsam, als ihnen lieb ist" und das darauffolgende Streitgespräch der Fangruppen beider Lager analysiert.

"Gruppendynamische Prozesse entstehen in allen sozialen Kontexten - wie das Ein- und Ausatmen - zwangsläufig. Auch in virtuellen, 'anonymeren' Kontexten, auf Plattformen, im Web. Sie zeigen dieselben gruppendynamischen Phänomene, die im richtigen Leben im 'Vollkontakt' entstehen", erklärt Christopher Lesko, Leiter der Leadership Academy Berlin http://leadership-academy.de , gegenüber pressetext.

Allerdings, so der Experte, müssten einige Veränderungen mit einbezogen werden: "Soziale Filter sind eindimensionaler und der Kontakt ist indirekter. Man ist eher angewiesen auf die eigene Interpretation von Wirklichkeit, statt auf eine große Bandbreite der Wahrnehmung von Wirklichkeit zugreifen zu können, die das 'richtige Leben' bietet", führt Lesko aus.

Meistens handelt es sich bei diesen virtuell ausgetragenen Kämpfen nicht um ein Hin und Her. Vielmehr werden bestimmte "Echo-Kammern" bedient: "Angreifende Parteien interagieren doppelt so häufig mit anderen Angreifern als mit Verteidigern einer Meinung. Verteidiger hingegen kommunizieren 20 Mal so häufig mit anderen Verteidigern als mit Angreifern", wie es in dem Bericht weiter heißt.

Persönliche Gespräche wichtig

Die wechselseitigen Interaktionen haben spürbaren Einfluss auf die teilnehmenden Gemeinschaften: Angreifer posten in den 30 Tagen nach dem ersten "Angriff" auf eine andere Gruppe häufiger zu dem Streitthema, während die Verteidiger eher Eingeständnisse machen. Die Forscher nennen dieses Verhalten "Kolonialisierung". Im Zuge dieser werden Angehörige der angreifenden Gemeinschaft häufig zu Mitgliedern der verteidigenden Gemeinschaft gemacht, da untereinander Streit ausbricht.

"Dies führt unter Umständen zu intensiven, hartnäckigeren Polarisierungen", erläutert Experte Lesko auf Nachfrage von pressetext. "Kontakt wird verfügbarer, beliebiger und eindimensionaler. Am Kern der grundsätzlich vorhandenen 'gruppendynamischen Physik' ändert das nichts - nur an ihren Ausprägungen.

Und die Forscher fügen hinzu: "Unterbunden wird dieses negative Ergebnis, wenn Verteidiger Echo-Kammern durchbrechen und direkte, erhitzte Gespräche mit Angreifern führen", erläutern die Forscher. Real stattfindende Gespräche unter Menschen könnten Angriffe auf digitaler Ebene unterdrücken.

(Ende)
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