pte20170124006 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Östrogen schützt gegen posttraumatische Leiden

US-Wissenschaftler identifizieren mit HDAC4 ein entscheidendes Gen


Schatten: Östrogen kann Frauen schützen (Foto: pixelio.de, Martin Schemm)
Schatten: Östrogen kann Frauen schützen (Foto: pixelio.de, Martin Schemm)

Atlanta/Boston (pte006/24.01.2017/06:05) Östrogen schützt das weibliche Gehirn vor Traumata, wie eine Studie der Emory University School of Medicine http://med.emory.edu und der Harvard Medical School http://hms.harvard.edu ergeben hat. Demnach passt das Hormon die Reaktion des Gehirns auf Angst und Traumata an. Frühere Analysen hatten nahegelegt, dass Frauen anfälliger für eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sind als Männer - und das, obwohl sie statistisch gesehen weniger traumatische Erfahrungen machen.

Blutproben und Interviews

Laut dem Team um Stephanie Maddox spielt das Sexualhormon eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von PTBS. Mehrere Forscherteams haben bereits damit begonnen, weitere physiologische Wirkungen von Östrogen zu untersuchen. Unterschiedliche Östrogenwerte wurden zum Beispiel mit Unterschieden in der Reaktion des Gehirns auf Stress in Verbindung gebracht. Dabei sind Gehirnbereiche wie der Hypothalamus, die Hypophyse und die Drüsen der Nebennieren wichtig.

Laut weiteren Studien erleben traumatisierte Frauen während der Mitte der lutealen Phase ihres Menstruationszyklus häufiger Flashbacks. Diese Phase tritt ungefähr eine Woche nach dem Eisprung auf - zu einem Zeitpunkt, an dem der weibliche Körper mehr Progesteron und weniger Östrogen produziert. Basierend auf diesen Ergebnissen gingen die Forscher davon aus, dass Unterschiede in der Reaktion des Gehirns auf die Östrogenwerte auch einen Einfluss auf die Regulierung von Angst und damit auf das PTBS-Risiko bei Frauen haben.

Das Team untersuchte deshalb, wie das Hormon die Genaktivität im Gehirn verändert. Dafür wurden Blutproben von 278 Frauen analysiert, die am "Grady Trauma Project" http://gradytraumaproject.com teilnahmen. Dabei handelt es sich um eine groß angelegte Studie, die die Rolle von genetischen und umweltbedingten Faktoren bei der Entstehung von PTBS bei einkommensschwachen Afroamerikanerinnen untersucht hat.

Aufwendige DNA-Analyse

Frauen in gebärfähigem Alter, die Gewalt ausgesetzt waren, wurden zusammen mit Frauen nach der Menopause gebeten, teilzunehmen. Dafür waren Bluttests und Interviews nötig. Im gebärfähigen Alter schwankten die Östrogenwerte bei Frauen nach dem Zyklus. Frauen in der Menopause und danach verfügen über geringere Werte dieses Hormons. Das Blut wurde in Tempus-Röhrchen gesammelt, die für die DNA beziehungsweise für die RNA-Extraktion eingesetzt werden. Danach wurde die DNA-Methylierung beurteilt. Dabei handelt es sich um einen epigenetischen Mechanismus, der die DNA dahingehend verändert, dass vermutet werden kann, dass manche Gene deaktiviert sind.

Die Forscher konnten nachweisen, dass die Werte von Östradiol, einer Form von Östrogen, im Genom mit der DNA-Methylierung in Verbindung stehen. In der Folge konnte ein einzelnes Gen identifiziert werden, dass mit der Angstreaktion des Gehirns in Zusammenhang steht und durch die Östrogenwerte beeinflusst wird. Laut Mitautorin Alicia Smith war bekannt, dass Östrogen die Aktivität zahlreicher Gene im Genom beeinflusst. "Untersucht man jedoch die von Östrogen beeinflussten Bereiche, die auch mit PTBS in Verbindung stehen, dann sticht eines heraus." Dabei handelt es sich um HDAC4, ein Gen, das Histon-Deacetylase 4 kodiert und dafür bekannt ist, dass es eine Rolle beim Lernen, der Bildung von Langzeiterinnerungen und dem Verhalten spielt.

Östrogen als Medikament

Laut der aktuellen Studie ist die Methylierung des Gens HDAC4 bei PTBS-Patientinnen höher als bei der Kontrollgruppe. Eine erhöhte Methylierung entsprach auch niedrigeren Östradiolwerten. Diese Ergebnisse standen auch mit den Reaktionen der Frauen auf Angst in Zusammenhang. Die Forscher untersuchten zusätzlich mittels bildgebender Verfahren die Hirnfunktion. Eine erhöhte Variation des Gens HDAC4 war eine Überexpression von konditionierter Angst. Frauen mit der entsprechenden Genvariation wiesen im Ruhezustand eine erhöhte Konnektivität zwischen der Amygdala und dem cingulären Cortex auf. Diese beiden spielen bei der Bildung von Angsterinnerungen eine Rolle.

Die Forschungsergebnisse wurden auch durch Experimente mit Mäusen bestätigt. Damit liegt nahe, dass Östrogen gegen die Entstehung einer PTBS schützen kann. Die Studienautoren weisen auch darauf hin, dass dieses Hormon wichtig bei der Modulierung von Angstreaktionen ist. Frühere Studien haben gezeigt, dass es auch bei der Wahrnehmung von Schmerzen von Bedeutung ist. Laut Smith ist auch denkbar, dass Östrogen zur Prävention eingesetzt wird.

(Ende)
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