pte20161102009 Forschung/Entwicklung, Politik/Recht

Umweltsünder sind Zivilgesellschaft schnuppe

Angst vor Gegenreaktion - Soziale Selbstregulation hat Grenzen


Weggeworfener Kaffeebecher: Das ist vielen egal (Foto: pixelio.de, P. Storz)
Weggeworfener Kaffeebecher: Das ist vielen egal (Foto: pixelio.de, P. Storz)

Köln (pte009/02.11.2016/10:30) Menschen, die in aller Öffentlichkeit ungeniert ihren Müll auf der Straße entsorgen, sind der Allgemeinheit zum Großteil egal und müssen nicht mit Sanktionen rechnen. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität zu Köln http://uni-koeln.de , der Universität Innsbruck und der New York University Abu Dhabi in ihrer aktuellen Studie. Die Ergebnisse der Untersuchung "Altruistic punishment does not increase with the severity of norm violations in the field" wurde in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.

800 Fälle beobachtet

Die Experten haben untersucht, wie Menschen auf kleine und große Verstöße sozialer Normen im öffentlichen Raum reagieren. Die Analyse widerlegt damit, dass gröbere Normverletzungen von Anwesenden stärker bestraft werden als kleine Verstöße. Zu dem Ergebnis kamen die Wissenschaftler, indem sie das Verhalten von Reisenden an deutschen Bahnhöfen in über 800 Fällen beobachtet haben.

Die Reisenden wurden mit kleinen Verstößen - wie einem weggeworfenen Kaffeebecher - auf der einen Seite sowie größeren Verstößen - wie einem weggeworfenen Kaffeebecher und Müllbeutel - auf der anderen Seite konfrontiert. Die Annahme war, dass die Reaktionen heftiger ausfallen, wenn mehr Müll liegenbleibt, die Übertretung also extremer ausfällt - ein Prinzip, das angefangen beim biblischen "Auge um Auge" bis zur modernen Rechtsphilosophie der gerechten Strafe allgemein verbreitet ist und auch im Labor nachgewiesen werden konnte.

Hohe Toleranzschwelle

Der Umfang der Verschmutzung war laut den Wissenschaftlern weder ein Indikator für die Wahrscheinlichkeit noch für die Intensität einer Rüge durch die anwesenden Personen. Stärkere Regelverstöße lösen bei den Anwesenden negativere Emotionen als leichtere Verstöße aus und die Anwesenden sind der Meinung, dass stärkere Verstöße mit einer höheren Strafe geahndet werden sollten. Doch unabhängig von diesem Empfinden bleiben Individuen im Alltag zögerlich, die Regelbrecher angemessen zu rügen oder zu bestrafen.

Die Experten vermuten, dass dies mit der Angst vor der Gegenreaktion des Regelbrechers zusammenhängt. Diese ist bei größeren Verstößen größer als bei kleinen. Demnach erwarten die Beobachter bei größeren Verstößen auch eine heftigere Reaktion, wenn die Person anschließend mit einer Rüge konfrontiert wird. Die Studie zeigt, dass die soziale Selbstregulation Grenzen hat. Wir weisen einander auf Fehlverhalten hin, solange es sich in einem bestimmten Rahmen bewegt. Wenn die Übertretung aber extremer ausfällt, versagt diese Selbstregulierung und es braucht Behörden, Polizei und Sicherheitspersonal.

(Ende)
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