pte20160831031 Politik/Recht, Medien/Kommunikation

Pressefoyer adieu: "Guter Weg, aber viel zu spät"

Management-Berater Schmitt wirft Kritikern mangelnde Flexibilität vor


Kanzler Kern (links) und Vizekanzler Mitterlehner (Foto: bka.at, Andy Wenzel)
Kanzler Kern (links) und Vizekanzler Mitterlehner (Foto: bka.at, Andy Wenzel)

Wien (pte031/31.08.2016/13:30) Das 1972 von Bruno Kreisky eingeführte allwöchentliche Pressefoyer im Wiener Bundeskanzleramt findet unter Christian Kern ein jähes Ende - "gut so, wenngleich auch viel zu spät", findet Management-Berater und Marketing-Experte Oliver Schmitt von viennabrand http://viennabrand.com im Gespräch mit pressetext.

Digitale Zeitenwende

"Dass gerade Journalisten die Abschaffung des Pressefoyers kritisieren, verwundert. Hier zeigt sich einmal mehr das Festhalten an eingefahrenen, liebgewonnenen Traditionen. Dabei ist physische Präsenz heute längst keine Notwendigkeit mehr. Wer nicht mit der Zeit geht und vor allem unflexibel ist, hat es in Zeiten der Digitalisierung schwer", kommentiert Schmitt die Entscheidung Kerns nach nur 100 Tagen im Amt.

Im Ö1-Morgenjournal hatte unter anderem Andreas Koller, stellvertretender Chefredakteur der Salzburger Nachrichten und Präsident des Presseclubs Concordia http://concordia.at , die Abschaffung kritisiert. Weil "kein freier Zugang zur Regierungsspitze" mehr da wäre, ginge "ein Stück Informationsfreiheit verloren". Dabei widerspricht sich Koller nach wenigen Minuten selbst: "Ich bin nicht immer hingegangen, weil ich den Eindruck gehabt habe, man bekommt von der Regierung vorgestanzte Stehsätze, die man auch in einer Agentur nachlesen kann."

"Die Unflexibilität mancher Medien spricht für sich und ist mit eine Ursache für die Krise der Branche", unterstreicht Schmitt. Journalisten wie auch Verlagshäuser müssten sich an neue Zeiten anpassen. Denn: "Es ist nichts Neues, dass sich das gesamte Leben digitalisiert. Unternehmen sind dank Facebook, Twitter, Google+, YouTube und Co immer mehr selbst zu Medien geworden. Es gilt: Bewusstsein dafür haben und Kommunikationskanäle nutzen."

Regierung will Transparenz

Statt des Pressefoyers mit Bundes- und Vizekanzler im Anschluss an die Regierungssitzung soll es stattdessen ein "Debriefing" durch die Koalitionskoordinatoren geben, kündigte Kern an, der auch einen sogenannten "Kanzlerblog" in Aussicht gestellt hat. "Kritische Fragen" seien auch weiterhin möglich. "Journalisten werden den Zugang behalten", so der Bundeskanzler. Auch wolle man weiter anlassbezogen zu konkreten Themen vor die Presse treten - das müsse jedoch nicht immer zwingend nach dem Ministerrat geschehen, sagt Kern.

Die Bundesregierung übt sich trotz der angekündigten Abschaffung des Pressefoyers in Transparenz: Bereits ab kommendem Montag sollen alle Ministerratsbeschlüsse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, so SPÖ-Regierungskoordinator Thomas Drozda. Der Kritik setze man "vollständige Transparenz" entgegen. Drozda wird Journalisten künftig gemeinsam mit seinem ÖVP-Kollegen Harald Mahrer über die Regierungsarbeit informieren.



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