pte20120523028 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

Blog einer Neunjährigen zwingt Schule in die Knie

Speiseplan wird nach medialen Protesten und Starkoch-Kritik geändert


Speiseplan: durch soziale Medien unter Druck (Foto: pixelio.de, G. Altmann)
Speiseplan: durch soziale Medien unter Druck (Foto: pixelio.de, G. Altmann)

London (pte028/23.05.2012/13:46) Die neunjährige Martha Payne aus Schottland hat mit wenigen Einträgen in ihrem Blog über die Gerichte an ihrer Schule eine Änderung des Speiseplans erwirkt. Die Massenmedien wurden auf die Webseite mit dme Namen "NeverSeconds" aufmerksam und stimmten in die Kritik am Schulessen ein. Als sich auch noch Ernährungs-Heilsbringer Jamie Oliver einschaltete, lenkte die Schule ein und stellte ihr Ernährungskonzept um. Marthas Blog hat also von seiner Gründung im April dieses Jahres bis Ende Mai so viel öffentlichen Druck aufgebaut, dass die Schule sich beugen musste.

Jeder kämpft für Gerechtigkeit

"Blogs oder Social Media sind so ähnlich wie früher die Flugblätter. Jeder kann schreiben was er will und veröffentlichen. Gute Anliegen finden oft so viel Unterstützung, dass sich tatsächlich etwas ändert. Dieses neue, direkte System etabliert sich parallel zum traditionellen Weg über die Massenmedien. Diese können die Verbreitung eines Anliegens über soziale Kanäle zwar beschleunigen, sind aber nicht zwingend notwendig. Eine erfolgreiche Social-Media-Kampagne muss neben einem guten "Cause" auch die richtige Form haben und einfach zu teilen sein", sagt Jörg Blumtritt, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Social Media http://www.ag-sm.de , gegenüber pressetext.

Diesen Nerv hat die junge Schottin Martha anscheinend getroffen. Ihr Anliegen, nämlich die Ernährung an Schulen zu verbessern, erfreut sich auch in Deutschland immer größerer Beliebtheit. "Kinder, die den ganzen Tag in der Schule verbringen, müssen mittags ausreichend versorgt werden. Das ist auch von der Kultusministerkonferenz definiert worden. Wie diese Versorgung konkret aussieht, ist unterschiedlich. Da gibt es teilweise noch Verbesserungsbedarf. Das Ganztagsschulsystem ist in Deutschland erst im Aufbau begriffen" , sagt Kerstin Clausen vom Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund http//www.fke-do.de im Gespräch mit pressetext.

Haar in der Suppe

Auf NeverSeconds hat Martha für jedes Gericht eine Bewertung von Geschmack und Portionsgröße abgegeben, sowie die Anzahl der Haare im Essen festgehalten. Obwohl der Blog schon nach wenigen Tagen aufgrund einer defekten Kamera nicht mehr aktualisiert wurde, erreichte die Kunde von der kleinen Speisesaal-Rebellin die mächtige BBC, die umgehend ein Interview mit Martha ausstrahlte. Nachdem auch Jamie Oliver seine Unterstützung für den Mut des aufgeweckten Mädchens kundtat, hatte die Schule schon verloren.

"200 Jahre lang haben sich die Menschen auf Vertreter verlassen, ob in der Politik oder im Aufdecken gesellschaftlicher Missstände. Jetzt hat jeder die Möglichkeit, unmittelbar tätig zu werden und einige nehmen diese Herausforderung an. Massenmedien sind immer noch wichtig, aber es gibt jetzt eben auch eine alternative Möglichkeit, wie auch der arabische Frühling bewiesen hat, wo Massenmedien keine Rolle gespielt haben", sagt Blumtritt.

Traditioneller Weg

In Deutschland wird die Botschaft von der Wichtigkeit guter Schul-Ernährung mittels klassischer Öffentlichkeitsarbeit verteilt, die aber ebenfalls von Aktionismus profitiert. "Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für eine normale Entwicklung. Wir haben seit 1993 das Ernährungskonzept "die Optimierte Mischkost" für Kinder und Jugendliche, das ständig an neueste wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst wird. Daraus haben wir Kriterien für die Bewertung einzelner Gerichte geschaffen, damit zum Beispiel Caterer ihre Mittagsrezepte von uns prüfen lassen können. Geprüfte Rezepte, die den Kriterien entsprechen, können dann mit dem Siegel "optiMIX" gekennzeichnet werden. Unsere Kriterien und das Prozedere sind soweit standardisiert, dass wir großflächig Schulen und Caterer unterstützen können", erklärt Clausen.

Mitbestimmung bei der Menü-Gestaltung erhalten die Kinder in einem gewissen Sinn auch in Deutschland. "Wir beraten Betriebe wie Schulküchen und sagen konkret, was an Gerichten verbessert werden kann. Die Vorlieben der Kinder sind in unsere Arbeit eingeflossen. Verbote gibt es in der Optimierten Mischkost nicht. Es kann ruhig zwischendurch Schnitzel oder Spaghetti Bolognese geben, wenn das Gesamtkonzept stimmt", erklärt Clausen. In England ist Martha mit den Änderungen derweilen zufrieden. Ihre Macaroni mit Käse, Püree und Paprika werden restlos verputzt, auch wenn die Portionen jetzt eine ordentliche Größe haben.

(Ende)
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