pte20120327019 Technologie/Digitalisierung, Politik/Recht

OPÖ setzt auf direkte Online-Demokratie

Neue österreichische Partei strebt 2013 Einzug ins Parlament an


OPÖ: alle Macht dem Volke (Foto: www.opoe.at)
OPÖ: alle Macht dem Volke (Foto: www.opoe.at)

Wien (pte019/27.03.2012/13:40) Die Online Partei Österreichs (OPÖ) hat heute, Dienstag in Wien offiziell ihre Gründung bekanntgegeben. Die Internetplattform http://www.opoe.at , das Herzstück der Partei, ist ebenfalls schon verfügbar. Bis zur Nationalratswahl 2013 will die OPÖ ihr Internetportal fit für digitale Demokratie machen und hofft auf eine entsprechend große Nutzer-Gemeinschaft. Bei erfolgreichem Einzug ins Parlament sollen die Nationalräte der OPÖ zu allen Fragen so abstimmen, wie die Bevölkerung online entschieden hat. "Über sechs Mio. Nationalräte" will die OPÖ so einsetzten.

Unhaltbare Zustände

Die OPÖ sieht sich als Teil einer gesellschaftlichen Strömung, die mit den etablierten demokratischen Strukturen nicht mehr zufrieden ist. "Viele Menschen sind unzufrieden. Wir möchten eine Plattform sein, um die verschiedenen Bewegungen zu sammeln, damit sie gemeinsam arbeiten können", sagt Gründungsmitglied Stefan Schartlmüller. Über die Plattform der OPÖ soll jeder anonym Vorschläge machen können, egal welcher politischen Bewegung er sich zugehörig fühlt. Auch Kooperationen mit anderen Bewegungen, etwa den Piraten oder den Mutbürgern, seien vorstellbar. So soll die Umsetzung von Reformen, die im derzeitigen System zu wenig forciert wird, ermöglicht werden.

Die Weisheit der Massen soll entscheiden, welche Ideen die OPÖ politisch unterstützt.
Momentan sind über die Online-Plattform zwar schon Abstimmungen zu aktuellen Nationalrats-Themen möglich, jedoch dienen sie derzeit lediglich der Veranschaulichung. Bis zum Herbst soll das Portal in den Bereichen Sicherheit und Datenschutz die nötigen Standards erreichen, um als E-Government-Werkzeug zu dienen. Künftig sollen dann sämtliche Entscheidungen von der Community im Netz getroffen werden.

"Jeder kann mitmachen. Wir vergeben keine Mitgliedschaften und heben keine Beiträge ein. Lösungsvorschläge sind gefragt. Wir versuchen Experten zu diversen Themen zu rekrutieren, die sich einbringen sollen", sagt OPÖ-Mitbegründer Christian Obermayr. Die Finanzierung erfolgt bisher aus privaten Mitteln, zehn bis 15.000 Euro wurden bereits investiert. In Zukunft soll das Budget aus Spendengeldern kommen. "Anfüttern ist ausdrücklich erlaubt. Bestechung ist ausgeschlossen, da die OPÖ-Vertreter immer die Meinung der Mehrheit vertreten müssen", so Obermayr. Zuwiderhandlung wird mit Ausschluss bestraft.

Kein Programm

Parteiprogramm gibt es bei der OPÖ keines. Lediglich die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention werden als bindende Prinzipien verankert. Die OPÖ ist eher ein neuer Ansatz für direkte Demokratie denn eine Partei im klassischen Sinn. "Wir sind eine Arbeitsgemeinschaft. Jeder kann die Plattform als Kanal verwenden", so Obermayr. Trotzdem glaubt die Bewegung an einen Erfolg bei den Nationalratswahlen 2013. "Politologen gehen von einem Potenzial von bis zu 20 Prozent aus. Es wäre schön, wenn wir das erreichen könnten", sagt Obermayr. Allerdings ist der Weg bis dahin noch lang.

Bis Anfang 2013 existiert die OPÖ lediglich auf Bundesebene, bis Februar sollen Landes- Bezirks- und Ortsgruppen aufgebaut werden. Die ersten drei Listenplätze werden 2013 von drei Gründungsmitgliedern der Partei übernommen, um zu gewährleisten, dass die Bewegung nicht im Sand verläuft. Für spätere Wahlen ist die Bestimmung der Kandidaten durch die Community geplant.

Hoffen auf die Vernunft

Die OPÖ verlässt sich mit ihrem Konzept ganz auf die Vernunft der Bevölkerung. Sonst müsste die Demokratie grundsätzlich hinterfragt werden, argumentiert die OPÖ. Die Bevölkerung soll durch Aufklärungsarbeit und Diskussionen mit Experten zu den anstehenden Entscheidungen informiert werden. Das Ganze ist ein langer Lernprozess. "Fehler gehören dazu, die passieren auch in unserem jetzigen System. Das Volk muss lernen, mit dem direkten Stimmrecht umzugehen", sagt OPÖ-Mitbegründer Harald Obereder.

Zwei der drei anwesenden Gründungsmitglieder gaben an, sich dem Mehrheitswillen im Falle eines Einzugs in den Nationalrat auch dann anzupassen, wenn die Entscheidung gegen das persönliche Gewissen geht. Genaue Richtlinien für diesen und viele andere Eventualitäten gibt es aber noch nicht.

Der System-Zugang für alle soll längerfristig über öffentliche Terminals, Handy-Abstimmung und andere technische Lösungen garantiert werden. Die Sicherheit ist ebenfalls ein technisches Problem. "Absolute Sicherheit gibt es in der Informationsverarbeitung nicht. Mit entsprechender Schlüsseltiefe kann das höchstmögliche Maß an Schutz gewährleistet werden", so Obereder. Die Probleme, die bis 2013 in den Griff zu bekommen sind, sind zahlreich. Eine Bewegung wie die OPÖ fordert nicht weniger als die Transformation der gesamten Gesellschaft.

Medien, Bürger und Politiker müssen mehr Verantwortung übernehmen, damit ein solches Projekt längerfristig überleben kann. Die Zeit bis 2013 ist kurz, ein technologisches Update würde der Demokratie aber sicherlich zugutekommen. Ob die OPÖ ihre hoch gesteckten Ziele in so kurzer Zeit erreicht, ist auch bei enormem Protestwählerpotenzial fraglich. "Wenn zu wenig Leute Interesse zeigen, müssen wir nachbessern oder wir sind einfach weg. Das kann passieren", so Obermayr.

(Ende)
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