pte20110210002 Umwelt/Energie, Kultur/Lifestyle

"Wir brauchen Millenniumsziele für Reiche"

Nobelpreisträger: Konsum ist Schlüssel nachhaltiger Entwicklung


Mohan Munasinghe mit Enkeln: Vordenker des nachhaltigen Konsums (Foto: M.Munasinghe)
Mohan Munasinghe mit Enkeln: Vordenker des nachhaltigen Konsums (Foto: M.Munasinghe)

Colombo (pte002/10.02.2011/06:05) "So wie die armen Länder Millenniumsziele für ihre Entwicklung haben, brauchen auch die Reichen Millenniumsziele für mehr Nachhaltigkeit im Konsum." Das will der srilankesische Klimaforscher Muhan Munasinghe http://www.mohanmunasinghe.com nächstes Jahr bei der Rio+20-Konferenz der UNO fordern. Munasinghe gehörte 2007 als Vizepräsident des Weltklimarates zu den Trägern des Friedensnobelpreises und ist Vorkämpfer der "grünen Revolution des Konsums". Im Interview mit pressetext erklärt der an der University of Manchester lehrende Experte seine Pläne.

Reiche haben mehr zu verlieren

Die Millenniumsziele der UNO, die vorwiegend die armen Staaten zur Armutsbekämpfung verpflichten, seien ohne ergänzende Maßnahmen zum Scheitern verurteilt. "Nachhaltig ist die globale Entwicklung erst dann, wenn sich auch die reichsten 1,2 Mrd. Menschen beteiligen. Obwohl sie nur 20 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, verbrauchen sie 80 Prozent der Ressourcen und verursachen 75 Prozent der Emissionen. Ihr Lebensstil verschärft Armut, Klimawandel und Ressourcenknappheit. Statt die Reichen nur als Problem zu sehen, sollte man sie als Potenzial wahrnehmen. Denn ändern sie ihr Verhalten, schrumpft die ökologische Last enorm", so Munasinghe.

Als Ergänzung der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) schlägt der Klimaforscher deshalb Millenniums-Konsumziele (MCG) vor. Dieser Schritt sei eine Reaktion auf die ernüchternden Ergebnisse der UN-Klimagespräche in Kopenhagen und Cancún. "Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass der nötige Wandel nicht primär Aufgabe der Politiker ist, sondern der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft. Wir müssen darauf drängen, dass beide von sich aus nachhaltiger handeln und mit weniger Ressourcen und Emissionen auskommen." Reichtum bedeute größere Verantwortung, zugleich jedoch auch, dass man angesichts der Krisen mehr zu verlieren habe.

Finanzen, Soziales und Umwelt

Obwohl diese Konsumziele ehrgeizig sein sollten, will sie Munasinghe nicht auf "weniger Fleischkonsum, höhere Effizienz von Autos, nur Energiesparlampen" herunterbrechen. "Die Ziele müssen für alle Kontexte gelten, da der Konsumismus nicht nur Problem der Industrieländer, sondern auch der Reichen in Entwicklungsländern ist. Erstes und wichtigstes Ziel ist, Entwicklung nachhaltiger zu machen, indem man alles nicht nachhaltige erkennt und vermeidet." Nachhaltige Wirtschaft reiche jedoch nicht. Der Klimaforscher fordert zweitens, der sozialen und ökologische Entwicklung die gleiche Bedeutung zuzumessen.

Moral statt Geiz

Als drittes Prinzip schlägt Munasinghe einen Wertewandel hin zu mehr Langfristigkeit vor. "Statt Geiz brauchen wir mehr Moral, zudem muss das globale Denken und jenes für den Nachbarn in den Köpfen verankert werden. Das ist eine viel tiefergehendes Ziel, zumal es schon bei der Erziehung junger Menschen ansetzt. Es kann jedoch erreicht werden, wie etwa der Gesinnungswandel beim Thema Rauchen gezeigt hat. War es früher Teil des Macho-Gehabes, ist es nun nach wenigen Jahrzehnten sozial kaum mehr akzeptiert."

Viertens fordert Munasinghe, dass jedes Produkt nach Wirtschafts-, Sozial- und Umweltkriterien durchleuchtet wird - und zwar von der Ressourcengewinnung bis zu Konsum und Entsorgung. Dafür nötige Werkzeuge gebe es längst, wie etwa die Wertkette, Fußabdruck und Lebenszyklus. Das Ergebnis solle nicht nur durch Auslobung für den Konsumenten sichtbar gemacht werden. "Wir brauchen darüber hinaus auch Preise, die die tatsächlichen Kosten wiedergeben, die ein Produkt der Umwelt verursacht. Das kann über den Weg der Steuern durchaus gelingen."

Weniger konsumieren tut nicht weh

Die Konsumenten können nachhaltiger leben, ohne dabei an Lebensqualität zu verlieren, so das Credo des Experten. "Wir sprechen hier nicht von Unmöglichem, sondern von kleinen, aber ständigen Optimierungen, die nicht weh tun und die auch Akzeptanz finden. Die Formel dafür lautet, ein Thema zu starten, es den Konsumenten in die Hand zu geben, damit schließlich auch Gruppen von Produzenten handeln. Die Politik kann dabei durch Richtlinien ihren Beitrag leisten. Ziehen alle an einem Strang, so gelingt die Nachhaltigkeit."

(Ende)
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