pte20100915021 Medien/Kommunikation, Technologie/Digitalisierung

Social Media: Jeder schielt zum Nachbarn

Meinungen in der Gesellschaft werden im Web 2.0 einfach umgepolt


Social Media: Chance oder Gefahr für die Gesellschaft?
Social Media: Chance oder Gefahr für die Gesellschaft?

Zürich (pte021/15.09.2010/12:00) Mit der Explosion von Web-2.0- und Social-Media-Diensten ist das Internet in den vergangenen Jahren noch unübersichtlicher für den einzelnen geworden. "In Wahrheit verstehen wir das Web nicht mehr", erklärte Clemens Cap von der Universität Rostock gestern, Dienstag, bei der von Future Network http://www.future-network.at und der Schweizer Informatikgesellschaft organisierten 4. Konferenz zu Technologieoutlook und IT-Trends an der Universität Zürich.

Menschen rücken näher zusammen

Gleichzeitig wird die Social-Media-Revolution die Welt aber nachhaltig verändern, ist sich Cap sicher. "Jeder Mensch schielt bei seiner Meinungsbildung bzw. der Bewertung, welche kulturellen Verhaltensweisen in der Gesellschaft angebracht sind und welche nicht, zu seinen unmittelbaren Nachbarn. Durch Social Media werden plötzlich Hunderttausende User weltweit zu Nachbarn", erklärt Cap gegenüber pressetext.

Diese menschliche Verhaltensweise sei mit ferromagnetischen Vorgängen bei Materialien vergleichbar, spielt Cap auf jüngste sozialwissenschaftliche Theorien an. Ähnlich der magnetischen Polung benachbarter Teilchen in eine Richtung, sorge der unmittelbare Kommunikationsaustausch der User in kurzer Zeit für eine konzertierte Meinungsausrichtung ganzer Gesellschaften oder Kulturen. "Wir orientieren uns am anderen. Gleichzeitig wissen wir nicht, was dabei herauskommen wird", weist Cap auf die schwierige Vorhersagemöglichkeit derartiger Meinungsfindungsprozesse hin.

Junge Leute misstrauen Werbung

Dass die Auswirkungen von Social Media auf die Gesellschaft fundamental sind, steht auch für Moshe Rappoport von IBM Research außer Frage. "Schon jetzt neigen junge Leute dazu, Aussagen von Unternehmen oder Politikern per se zu misstrauen und sich ausschließlich auf die Meinung und Erfahrung ihrer Freunde in den sozialen Netzwerken zu verlassen. Mit herkömmlicher Werbung stehen Unternehmen da auf verlorenem Posten", sagt Rappoport.

Der Umstand, dass Europa den USA wie bei vielen anderen technologischen Entwicklungen auch beim Thema Social Media ein paar Jahre hinterherläuft, sieht Rappoport hingegen für Unternehmen wie User nicht unbedingt als Nachteil. "Einige Fehler und Investitionen lassen sich dadurch sicherlich vermeiden. Gleichzeitig müssen aber auch europäische Unternehmen sehr schnell lernen, wie Reputation Management in der heutigen Zeit funktioniert und das von Usern geäußerte Feedback positiv für die eigene Geschäftsentwicklung genutzt werden kann", so Rappoport im Gespräch mit pressetext.

Große Risiken

Die enorme Schlagkraft von sozialen Netzen birgt aber naturgemäß auch ihre Risiken. "Wie die heftige Diskussion um Wikileaks zeigt, muss sich die Gesellschaft erst darüber im Klaren werden, ob jeder ohne Rechenschaft abzulegen alles publizieren kann", sagt Social-Media-Experte Cap. Diesbezüglich spiele zudem der soziale Kontext, in dem Äußerungen getätigt werden, eine wichtige Rolle. Ob jemand in einer heiteren Runde unter Freunden androhe, den Londoner Flughafen in die Luft zu sprengen oder diese Äußerung beim Security-Check in der Abflugshalle tätigt, sei ein großer Unterschied. In sozialen Netzwerken sei dieser Kontext oftmals nicht klar ersichtlich, was zu gefährlichen Missverständnissen führen könne.

Auf ein weiteres Problemfeld beim Thema Social Media wies schließlich Security-Experte Edgar Weippl von SBA Research der TU Wien hin. "Facebook eignet sich als schöner Angriffsweg, um mit sehr geringem Aufwand große Botnetze zu installieren. Im Prinzip reichen wenige Dutzend mit Trojanern eroberte Accounts, um mehrere Tausend Angriffsziele zu erreichen", erklärt Weippl. Spam- und Phishing-Attacken auf Facebook seien deshalb so gefährlich, weil User weniger vorsichtig mit erhaltenen Links und Dateien umgehen, da sie den im sozialen Netzwerk befindlichen Personen vertrauen.

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Aussender: pressetext.schweiz
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