pte20090112024 Kultur/Lifestyle, Handel/Dienstleistungen

Berührung der Ware macht Kunden kaufwillig

Psychologin: "Kontakt schafft Identifikation mit Artikel"


Besonders bei Kleidungskauf entscheidet das Anprobieren (Foto: pixelio.de/Sturm)
Besonders bei Kleidungskauf entscheidet das Anprobieren (Foto: pixelio.de/Sturm)

Wien (pte024/12.01.2009/13:50) Waren, die der Konsument vor dem Kauf für längere Zeit in die Hand nehmen darf, werden eher und zu einem höheren Preis gekauft. Das ermittelte ein Experiment der Ohio State University http://www.osu.edu und der University of Illinois http://www.uillinois.edu , das im Journal Judgment and Decision Making veröffentlicht wurde. Die Studienautoren schlussfolgern, dass die Bindung an ein Objekt gemeinsam mit der Dauer des physische Kontakts steigt.

Als Versuchsobjekt diente eine Vier-Dollar-Kaffeekanne. 144 Studienteilnehmer hielten die Kanne nach Anweisung entweder zehn oder 30 Sekunden lang in der Hand. In einer anschließenden Versteigerung der Kanne konnte jeder ein Gebot für diese auf einen Zettel schreiben. Diejenigen, denen man die Kanne eine halbe Minute lang in der Hand gegeben hatte, boten dafür durchschnittlich 3,91 Dollar. Mehr als die Hälfte von ihnen überbot sogar den offiziellen Ladenpreis, den man vor der Auktion bekannt gegeben hatte. Das Durchschnittsgebot der Zehn-Sekunden-Begutachter betrug hingegen nur 2,44 Dollar.

"Berühren schafft Identifikation mit dem Objekt", betont die Wirtschaftspsychologin Andrea Jungbauer-Komarek http://www.konfliktmediation.at im pressetext-Interview. Noch bevor der Kunde die Ware in die Hand nehme, liefen bereits mehrere Prozesse ab. "Die Vorauswahl geschieht nach optischen Kriterien wie Farbe und Form und auch die Position des Artikels im Regal entscheidet, ob ich ihn überhaupt angreifen werde." Jungbauer-Komarek hält es für wahrscheinlich, dass Menschen ein Objekt, das sie einmal in der Hand halten, nicht mehr verlieren wollen. Das Berühren komme einer Qualitätsprüfung gleich, die besonders bei Kleidung oder Betten wichtig sei. Gleichzeitig könne es jedoch auch zu einem negativen Urteil führen. "Gefällt die Farbe, das Material oder der Geruch des Artikels nicht oder schätzt man ihn für unbrauchbar ein, wird er wieder ins Regal zurückgestellt", so die Psychologin.

Die Bedeutung der Sinneswahrnehmung bestimmt das Handeln vieler Wirtschaftsbereiche. Beim Autokauf überzeuge besonders der Geruch des neuen Wagens, ähnliches gelte auch für Immobilien, betont Jungbauer-Komarek. "Ein guter Makler sorgt dafür, dass sich der Kunde wohl fühlt, er heizt die Wohnung vor der Besichtigung ein und richtet sie optisch schön her." Händler sollten den Kunden die Berührung der Produkte nicht verbieten. "Problematisch ist in diesem Fall nicht nur die fehlende Identifikation mit dem Objekt. Die Kunden fühlen sich durch Verbote als kleines Kind behandelt und reagieren mit Regression." Signalisiere der Verkäufer hingegen, dass sich der Kunde die Ware gerne näher ansehen kann, so schafft der Vertrauen. "Die soziale Kommunikation entscheidet wesentlich über den Verkauf", so die Wiener Psychologin.

Die US-Studie warnt Konsumenten davor, sich beim Ausprobieren eines Artikels von den Sinneswahrnehmungen zu einem unüberlegten Kauf verleiten zu lassen. Man solle sich die Strategien der Verkäufer stärker bewusst machen, so die Studienautoren. "Die einfache Regel, nie mit hungrigem Magen einzukaufen, gilt für alle Bereiche. Eine Einkaufsliste oder eine Kostenaufstellung sind zur eigenen Kontrolle nützlich", schlägt Jungbauer-Komarek vor. Ein anderes Risiko, mit dem viele Geschäftsleute bewusst kalkulierten, sei die Bequemlichkeit der Kunden. "Auch wenn die bestellten Schuhe nicht passen, sind viele zu faul dazu, sie an das Versandhaus zurückzuschicken", so die Wirtschaftspsychologin abschließend.

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