pte20081108001 Medien/Kommunikation, Technologie/Digitalisierung

TV-Industrie steht vor gravierenden Umwälzungen

Neue Distributions- und Präsentationswege verändern Nutzungsgewohnheiten


Hannes Raffaseder, Leiter des Instituts für Medienproduktion der FH St. Pölten (Foto: Kurt Hörbst)
Hannes Raffaseder, Leiter des Instituts für Medienproduktion der FH St. Pölten (Foto: Kurt Hörbst)

St. Pölten (pte001/08.11.2008/06:05) Auf die Film- und Fernsehindustrie kommen ähnlich gravierende Umwälzungen zu, wie sie die Musikindustrie bereits vor einigen Jahren durchgemacht hat. Die wesentlichen Entwicklungen sind dabei vom raschen Zusammenwachsen von Medien-, Unterhaltungs-, Computer- und Telekommunikationsindustrie geprägt. Zu dieser Einschätzung kommt Hannes Raffaseder, Leiter des Instituts für Medienproduktion an der Fachhochschule St. Pölten http://medienproduktion.fh-stpoelten.ac.at , im Exklusivinterview mit pressetext. "Die zunehmende Verbreitung hoher Bandbreiten und mobiler Endgeräte hat die Nachfrage nach Programmen für Handy-Dienste, Web-TV und On-Demand-Angebote angekurbelt. Gleichzeitig haben immer effizientere Produktionswerkzeuge die Herstellung von audiovisuellen Medien wesentlich vereinfacht", stellt der Medienexperte fest. Mittlerweile könnten Videos problemlos selbst produziert und kostenlos im Internet vertrieben werden. "Durch die neuen Distributions- und Präsentationsmöglichkeiten werden sich die Nutzungsgewohnheiten der Medienkonsumenten grundlegend verändern", ist Raffaseder überzeugt.

Die Zukunft der audiovisuellen Medien bewege sich im Spannungsfeld von Konvergenz und Diversifikation, sowie von Komplexität und Einfachheit. "Noch vor wenigen Jahren war es dem Durchschnitts-User schlicht und einfach nicht möglich, qualitativ anspruchsvolle Videos dermaßen einfach herzustellen und zu vertreiben wie heute. Die technologische Entwicklung hat in Kombination mit dem Erfolg von Portalen wie YouTube eine immense Vielfalt an Inhalten hervorgebracht", erklärt Raffaseder. Gleichzeitig seien die Medieninhalte von klassischen TV-Sendern einer zunehmenden Vereinheitlichung unterworfen, mit dem Resultat, dass die verschiedenen Sendungen im Endeffekt auf eine handvoll unterschiedliche Formate reduziert werden könnten. "Zahlreiche Themen, die noch vor wenigen Jahren selbstverständlich mediale Aufmerksamkeit erreicht haben, sind mittlerweile von der Millionen Show und der Champions League verdrängt worden", merkt Raffaseder an.

Weitere entscheidende Schlüsselbegriffe für die Zukunft der Medien seien Interaktivität und Mobilität. "Wann, wo und wie lange mediale Inhalte genutzt bzw. konsumiert werden können, liegt nicht mehr im Verantwortungsbereich der Medienanbieter, sondern wird ausschließlich von den Anwendern und Kunden bestimmt", betont der Medienexperte. Während in der Musikbranche dieser Schritt schon weitgehend vollzogen sei und große Musikarchive auf MP3-Playern in den Westentaschen überall hin mitgenommen werden, sei dieser Prozess im Film- und Videosektor gerade erst in vollem Gange. "Der Vergleich mit der Musikindustrie ist völlig zutreffend. Die veränderten Hörgewohnheiten der User werden in ähnlicher Form auch auf dem TV-Sektor passieren", meint Raffaseder.

An der Fachhochschule St. Pölten genieße die audiovisuelle Medienproduktion einen besonderen Stellenwert. "Die angesprochenen Veränderungen beschäftigen die bei uns angebotenen Studiengänge Medientechnik, Telekommunikation und Medien, Medienwirtschaft sowie Media- und Kommunikationsberatung", merkt Raffaseder an. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen seien sehr weitreichend und würden uns letztendlich alle betreffen. "Neben neuen, zusätzlichen Herausforderungen im Bereich der Medienproduktion sind von diesen Umwälzungen vor allem die Endverbraucher betroffen. Sie müssen wieder zu einem kritischen Medienkonsum zurückkehren und ihr Reflexionsvermögen nutzen, um sich in der Fülle der verschiedenen Inhalte zurechtzufinden", fasst Raffaseder zusammen. Doch auch wenn neue Medienformen ihren ältern Vorgängern inzwischen viele Nutzer abspenstig gemacht hätten, eine vollständige Verdrängung sieht der Medienexperte nicht als realistisch. "Ich glaube, dass die alten die neuen Wege lediglich ergänzen und nicht ersetzen werden", so Raffaseder abschließend.

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