pte20080725027 Umwelt/Energie, Medizin/Wellness

Chemische UV-Blocker wirken als Hormongifte

Sonnencreme macht Schnecken unfruchtbar


Zwergdeckelschnecken leiden unter chemischen Sunblockern (Foto: Universität/Kaiser)
Zwergdeckelschnecken leiden unter chemischen Sunblockern (Foto: Universität/Kaiser)

Frankfurt (pte027/25.07.2008/13:55) Die chemischen UV-Filtersubstanzen, die in den meisten Sonnencremes vorhanden sind, haben negative Folgen für die Umwelt. Nach Untersuchungen von Forschen der Goethe Universität in Frankfurt http://www.uni-frankfurt.de können einige der Substanzen das Hormonsystem von Schnecken und damit auch die Fortpflanzung beeinflussen. Erst kürzlich haben italienische Forscher davon berichtet, dass Sunblocker auch schädigend auf Korallenriffe wirken.

"Unser Forscherteam hat die Wirkung der beiden häufigsten UV-Filtersubstanzen auf drei wasserlebende Organismen untersucht", so Jörg Oehlmann, Abteilungsleiter am Institut für Evolution, Ökologie und Diversität der Goethe-Universität http://www.bio.uni-frankfurt.de , im pressetext-Interview. Die Substanzen Benzophenon-3 (BP-3) und der Zimtsäureester OMZ sind in einem Großteil der UV-Blocker enthalten. "Bei beiden Substanzen gab es keinen Hinweis auf eine östrogene Wirkung. Sie sind schlecht wasser-, allerdings gut fettlöslich", erklärt der Experte. Das bedeute, dass sie an Feststoffe binden und sich im Sediment ablagern. "Für eine umfassende Bewertung der Wirkung von UV-Filtersubstanzen auf aquatische Organismen und Ökosysteme gab es bisher kaum Daten", erklärt Oehlmann. Die Schweizer Forscherin Margaret Schlumpf habe in einer Studie bewiesen, dass fünf von sechs getesteten UV-Filtersubstanzen östrogenartig wirken. Zudem betont der Forscher, dass die bisherigen Befunde das hohe Bioakkumulationspotenzial - das ist eine Anreicherung der Substanz in einem Organismus - dieser UV-Filtersubstanzen unterstreichen.

Am Beispiel der Zwergdeckelschnecke konnten die Forscher feststellen, dass die Schnecken im Laborversuch weniger Embryonen produzierten. "Im Sommer ist der Eintrag in die Badeseen besonders groß, da die Substanzen nicht nur in Sonnencremes, sondern auch in vielen anderen Kosmetika wie Shampoos, Hautcremes, Lippenstiften und Parfums vorkommen", so Dominic Kaiser, der die Untersuchung leitete. Daraus ergebe sich eine ganzjährige Belastung der Fließgewässer, auch über die Abwässer aus den Haushalten. In Kosmetika dienen die UV-Filtersubstanzen vor allem dazu, die Produkte vor einer Veränderung oder Zersetzung durch Sonnenlicht zu bewahren. "Die Substanzen sind nicht unproblematisch", meint Oehlmann. "Inwieweit die Östrogen-aktiven UV-Filter auch für den Menschen schädlich sind, ist bisher nicht untersucht. Es ist aber sicher, dass sie über die Haut aufgenommen werden und anschließend für einige Stunden im Blut, Urin und auch in der Muttermilch nachweisbar sind - und zwar in Konzentrationen, die in etwa derjenigen einer niedrig dosierten Anti-Baby-Pille entsprechen." Alternativen zu den chemischen UV-Blockern gibt es bereits: Mineralische Filter absorbieren das Licht nicht, sondern reflektieren es. Sie sind frei von chemischen UV-Filtern.

"Für Erwachsene gibt es bei der Anwendung kein Gesundheitsrisiko", so Oehlmann, der allerdings von einer Anwendung bei Kleinkindern, Schwangeren und stillenden Müttern abrät. "Für die Frage, ob ein Risiko besteht, ist die Giftigkeit und die Konzentration der Substanz verantwortlich." In der Industrie sei ein langsames Umdenken bemerkbar. Solche Prozesse dauern allerdings. Oehlmann geht davon aus, dass in wenigen Jahren diese Substanzen aus den Produkten entfernt und durch andere ersetzt werden.

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