pte20080714038 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Korallen von gezüchteten Algen bedroht

Eingeschleppte Arten zerstören Lebensgrundlage der Bewohner


I-Kiribati aus Butaritari beim Herstellen von Matten (Foto: Wolfgang Weitlaner)
I-Kiribati aus Butaritari beim Herstellen von Matten (Foto: Wolfgang Weitlaner)

London/Washington DC (pte038/14.07.2008/17:49) Korallenriffe werden nun auch von invasiven Algen, die Menschen eigentlich als Nahrungsquelle vorgesehen hatten, bedroht. Erst kürzlich haben Forscher davon berichtet, dass ein Drittel der weltweiten Korallen aufgrund von Klimaänderung und menschlichem Zutun stark unter Druck geraten sind. Die globale Erwärmung und die Umweltverschmutzung haben den Korallen weltweit bereits großen Schaden zugefügt, berichtet das Wissenschaftsmagazin Science.

Dramatisch ist allerdings, was Forscher jüngst im Südseestaat Kiribati entdeckt haben: Tote, mit dicken Algen überzogene Korallenriffe. "Wir fangen immer weniger Fische und die Algen fressen unsere Netze förmlich auf", so Henry Totie, Fischer aus Butaritari, einem Atoll im Norden des Inselstaats Kiribati. Wasserverschmutzung gibt es hier nicht, denn weit und breit gibt es keine Industrie. Auf dem Atoll selbst leben rund 4.000 Menschen - und ernähren sich in erster Linie von Fisch und lokal angebautem Gemüse wie etwa Kürbissen, Taro und Kokos. "Das, was die Korallenriffe hier total zerstört, sind Algen, die gezüchtet wurden", so der Fischer. "Tatsächlich sind das die zerstörerischsten Algen, die ich je gesehen habe", meint Jennifer E. Smith vom National Center for Ecological Analysis and Synthesis von der University of California http://www.nceas.ucsb.edu in Santa Barbara. In Butaritari haben die Algen bereits einen Riffgürtel von mehr als sechs Kilometern Länge und 1,6 Kilometern Breite zerstört. Es sieht fast gleich aus, wie in der Kaneohe Bay auf der Hawaii-Insel Oahu - auch hier haben die Algen sich in rasender Geschwindigkeit verbreitet und alles zerstört.

In Butaritari trifft es die Menschen ganz besonders hart, sind auch die Experten überzeugt, denn die meisten der Bewohner fischen in der flachen Lagune, weil sie kein Boot haben, um weiter hinaus zu fahren. Butaritari ist das letzte Opfer der verheerenden Algenplage, die von Menschenhand geplant und organisiert ist, um Carrageen - einen Bestandteil zahlreicher Nahrungsmittel, aber auch von Kosmetika - kostengünstig zu gewinnen. Da Carrageen vor allem in Rotalgen vorkommt, versuchte man seit 30 Jahren arme Länder davon zu überzeugen, in die Algenzucht einzusteigen. Der Grossteil der Weltproduktion - rund 120.000 Tonnen Trockenmaterial - kommt von den Philippinen und von Indonesien, wo die zwei häufigsten Algenspezies für Carrageen vorkommen.

In 20 verschiedenen Ländern - von Tansanias vorgelagerter Insel Sansibar bis nach Tonga - hat man die Algenzucht ausgeweitet. Überall haben die beiden Algenspezies Kappaphycus alvarezii und Eucheuma denticulatum verheerende Schäden an den Korallenriffen verursacht. K. alvarezii hat einer Studie des Wissenschaftsmagazins Science zufolge in Südindien im Biosphären Reservat vom Golf von Manmar zehn Jahre nach der Einführung im nahegelegenen Panban das gesamte Korallenriff vernichtet.

Wie dramatisch die Zerstörung der Riffe weltweit für die Bevölkerung sein wird, spekulieren die Forscher nur. Der für die wirtschaft geschätzte Wert aller Korallenriffe beträgt rund 30 Mrd. Dollar jährlich. In der weltweiten Studie, an der 40 internationale Forscher mitgearbeitet haben, ist die Zukunft der Korallen mehr als fraglich, denn bereits heute sind mehr als 30 Prozent vom Aussterben bedroht.

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