pte19991008020 Technologie/Digitalisierung, Politik/Recht

Totale EDV-Überwachung von Mitarbeitern illegal

Datenschutzkommission warnt vor Programm-Downloads


Wien (pte) (pte020/08.10.1999/13:00) Die unternehmensweite und lückenlose Überwachung der EDV-Arbeitsplätze aller Mitarbeiter verletzt die Menschenwürde und ist unzulässig. Generelle Kontrollen dürfen nur nach Zustimmung des Betriebsrates durchgeführt werden. Dies erklärte die Datenschutzkommission des österreichischen Bundeskanzleramtes (BKA) im Zusammenhang mit einer kürzlich auf den Markt gekommenen Überwachungssoftware.

"Investigator 2.0" heißt das jüngste Überwachungsprogramm der US-amerikanischen Softwarefirma WinWhatWhere. Es speichert heimlich jeden Tastendruck der Mitarbeiter, jede besuchte Internetadresse sowie jeden Speichervorgang und erlaubt so eine lückenlose Aufzeichnung von Tätigkeiten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich regelmäßig mit Mail-Reports über die computerunterstützte Arbeit der kontrollierten Mitarbeiter zu informieren. Installiert wird dieses Programm über das Netzwerk bzw. über das Internet, wobei der betroffene Mitarbeiter von der Überwachung nichts erfährt. In den Systemeinstellungen von Windows wird der "Investigator 2.0" nicht aufgeführt. http://www.winwhatwhere.com

"Eine derart flächendeckende Überwachungsmaßnahme verletzt die Menschenwürde und ist daher nach dem Datenschutzgesetz höchstwahrscheinlich illegal", erklärte ein Sprecher der Datenschutzkommission im BKA auf Anfrage von pressetext.austria. Letztgültig könne diese Frage allerdings nur von den zuständigen Gerichten geklärt werden, wobei es erst wenige Präzedenzfälle gebe, so der Sprecher. Nach Arbeitsverfassungsgesetz sei die Überwachung von Mitarbeitern generell an die Zustimmung des Betriebsrats gebunden. Bei Verstößen gegen das Arbeitsverfassungsrecht sind die Arbeits- und Sozialgerichte zuständig, wird das Datenschutzgesetz übertreten, ist ein Zivilgericht anzurufen. Gesetzlich gedeckt wäre etwa die gezielte Überwachung einzelner Mitarbeiter bei begründetem Verdacht auf mangelnde Arbeitsleistung wie etwa auf häufigen Besuch von Pornoseiten im Internet, so der Sprecher der Datenschutzkommission. Dubios sei hingegen die generelle Kontrolle "aus reiner Lust an der Überwachung oder aus Paranoia".

Die Kommission warnte in diesem Zusammenhang vor dem Herunterladen von Programmen unbekannter oder zweifelhafter Firmen, da hier die Gefahr bestehe, unwissentlich ein Überwachungsprogramm mit zu installieren oder anderweitig geschädigt zu werden. So habe ein moldawischer Internet-Anbieter von Pornoseiten bei Foto-Downloads ein Programm mitgeschickt, das die Benutzer ohne deren Wissen zu seiner Firma weitergeleitet habe, wodurch den Betrachtern erhebliche Telefonkosten entstanden seien.

Darüber hinaus riet die Datenschutzkommission zur Installation effizienter Virenschutzprogramme, um derartige Eingriffe zu verhindern. Allerdings sei es ratsam, solche Programme nur bei großen und bekannten Softwarefirmen zu kaufen, da ansonsten sogar die Gefahr bestehe, mit der Installation eines zweifelhaften Virenschutzprogramms gleichzeitig ein verstecktes Überwachungsprogramm auf den Computer aufzuspielen.

(Ende)
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