pte19991008009 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Viren oder Plastik für den Gentransfer

Wissenschaftler suchen nach idealem Gentaxi


Hannover (pte) (pte009/08.10.1999/11:00) Einer Expertengruppe um Professor Thomas Kissel vom Institut für Pharmazie der Universität Marburg http://www.pharmazie.uni-marburg.de/ gelang es, Erbsubstanz in den Kunststoff PEI einzubinden. Dagmar Fischer, Mitarbeiterin von Professor Kissel bringt es auf den Punkt: "Die DNA im linken, das dazu gehörige Polymer im rechten Reagenzglas, beides zusammenmixen, und schon steht das Vektorsystem für den Gentransfer in die Zelle. Bisher hatten Kunststoffsysteme einen wesentlichen Nachteil. Sie waren für die Zelle höchst toxisch".

Das jetzt hergestellte Polymer erweist sich als verträglich, die Zellen nehmen die mitgebrachte DNA auf und bauen sie in ihrem Erbgut ein. Zudem sind die neuen PEI-Molekeln extrem winzig. Auf diese Weise lagern sie sich an die kleinsten Einbuchtungen der Zellmembran an und übergeben dort ihre Fracht ins Zellinnere ab. "In fünf Jahren werden Kliniken vermutlich in der Krebs-Gentherapie mit PEI arbeiten können", schätzt Kissel.

Doch die Fachwelt ist gespalten. Während ein Teil der Biotech-Gemeinde auf spezielle Viren als optimale Transportmittel setzt, glauben andere an Kunststoffpartikel oder Plasmidfragmente als Genfähren der Zukunft. Welches System sich eines Tages durchsetzt ist heute noch nicht absehbar - Fortschritte sind auf allen Sektoren zu erkennen.

Ähnliche Prognosen stellen auch die Wissenschaftler des Berliner Biotech-Unternehmens Mologen. Das seit Sommer vergangenen Jahres an der Börse im Freiverkehr notierte Unternehmen setzt auf eine andere, eigene Entwicklung. So genannte MIDGE-Teilchen - eigens für den Gentransfer hergestellte Plasmidfragmente - umschließen die gewünschte Erbinformation. Der Clou: Störende Bestandteile wie Markergene entfallen. "Wir bringen die reine Information in die Zelle", erklärt Matthias Schroff, Senior Scientist bei Mologen, das System. Selbst die Einanderkettung mehrerer Gene ist möglich. Die so hergestellten molekularen Torpedos schiessen die Forscher mit speziellen Genkanonen in jene Zellen, die sie transformieren wollen.

Die "Gene-Gun" soll in Zukunft den Klinikalltag erobern: Auf die Haut aufgedrückt beförderte das Gerät die therapeutischen Gene direkt zu den Patientenzellen. Mit den neuen Infos ausgestattet könnten die den Kampf gegen Krebs oder Aids selbst aufnehmen. "Die amerikanischen National Instiutes of Health zeigen sich an unserer Technik interessiert", sagt Schroff. Ein Wunder sei es nicht, stelle doch die Methode "das Sicherste, was es derzeit gibt" dar. Derlei Stimmung zu verbreiten hat seinen Grund. Denn die Verfechter der klassischen "Virentaxen" verweisen auf ernst zu nehmende Erfolge.

So gelang es Wissenschaftlern der Gesellschaft für Biotechnologie (GBF) http://www.gbf.de aus Braunschweig, mit Hilfe von Adenoviren genetisches Material von Krebsproteinen in so genannte dendritische Zellen von Tieren einzubauen. Die eingeschleusten Krebs-Antigene schleppen die dendritischen Zellen zu den Wächtern des Immunsystems, den Killerzellen. Welches Transportsystem sich in Zukunft etablieren bleibt trotz alledem noch ungewiss. Einigkeit herrscht indes in einem Punkt: In spätesten fünf Jahren ist das Problem des Gentransports gelöst. (LifeScience)

(Ende)
Aussender: pressetext.austria
Ansprechpartner: rh
Tel.: 01/406 15 22-0
E-Mail: redaktion@pressetext.at
Website: pressetext.at
|