pte19990722024 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Der Xenonschlaf - Narkose des dritten Jahrtausends

Volatiles Anästhetikum intravenösen applizieren


Ulm (pte) (pte024/22.07.1999/19:09) Daß das Edelgas Xenon nun im Begriff ist, alle Hürden zu überwinden und die Narkose zu revolutionieren, verdankt es vieljährigen Ulmer Forschungsarbeiten, die hier von Prof. Dr. Michael Georgieff, Ärztlichem Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Anästhesiologie, und seiner Arbeitsgruppe durchgeführt worden sind. Den Durchbruch brachte die Idee, Xenon intravenös zu applizieren. http://www.uni-ulm.de/

Die anästhetischen und analgetischen Eigenschaften des Edelgases kennt man schon seit Ende der 30er Jahre. Als Narkosegas bei einer Operation wurde es erstmalig 1951 eingesetzt. In weiteren Anwendungen erwies sich seine weitgehende Kreislaufneutralität, und so hätte es schon früh einen Siegeslauf antreten können, wenn seiner Verbreitung nicht die hohen Kosten entgegengestanden hätten.

Die hohe Dichte von Xenon (das Litergewicht ist viermal so hoch wie das von Luft) kann zu einer Beeinträchtigung der Lungenmechanik führen, so daß die Anwendung in der Respirationsnarkose bei Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen (Rauchern, Asthmatikern) sowie bei Kindern ausscheidet.

Anlaß dafür, das Edelgas dennoch intensiv zu erforschen, um es für die Anästhesie auf breiter Basis fruchtbar machen zu können, gab es hinlänglich: es beeinträchtigt die Kreislaufstabilität nicht, läßt den Patienten sowohl den Schlaf als auch das Aufwachen aus der Narkose subjektiv nicht als unangenehm empfinden, gewährleistet - da es einen niedrigen Blutlöslichkeitskoeffizienten hat - kurze An- und Abflutungszeiten und ist infolgedessen sehr gut steuerbar. Und obwohl der Patient aus der Xenon-Narkose rasch aufwacht, bleibt die Schmerzhemmung gleichwohl noch mehrere Stunden nach dem Eingriff erhalten.

Das hat insofern große Bedeutung, als die Schmerzmittel, die zusätzlich zu den gängigen Anästhetika verabfolgt werden müssen (in der Regel Opiatderivate), die Atmung deprimieren. Dadurch verlängert sich die Aufenthaltsdauer im Aufwachraum, und auch auf der peripheren Station ist eine mehrstündige Überwachung unerläßlich. Besonders groß ist die Gefahr der Atemdepression, wenn postoperativ weitere Schmerzmittelgaben erforderlich sind. Traditionelle Anästhetika haben darüber hinaus kardiovaskuläre Nebenwirkungen. Den gebräuchlichen volatilen (flüchtigen) Anästhetika haften noch weitere Negativmerkmale an, die erheblich ins Gewicht fallen.

Auch die analgetische Wirkung ist hoch, so daß keine zusätzlichen Schmerzmittel gegeben werden müssen. Darüber hinaus sinkt der Bedarf an muskelentspannenden Additiven (Muskelrelaxantien). Die Lungenmechanik bleibt unbeeinträchtigt, da die Xenongesamtmenge im Atemgas um mehr als 90 % vermindert wird. Jedoch erfolgt die Elimination ausschließlich über die Lunge, was die kontinuierliche exspiratorische, in der Atem-Abluft durchgeführte Konzentrationsmessung und damit eine genaue Steuerung der Narkosetiefe ermöglicht. Informationen: Peter Pietschmann, E-Mail: peter.pietschmann@rektoramt.uni-ulm.de (idw)

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