pte19980424003 Umwelt/Energie, Handel/Dienstleistungen

Elektronische Sehprothese für Blinde mit Netzhautdefekt

Bis zum Jahr 2001 sollen marktreife Implantate entwickelt werden


Bonn (pte) (pte003/24.04.1998/09:49) Erste Prototypen einer "elektronische Netzhaut", entwickelt von 14 deutschen Wissenschaftlergruppen verschiedenster Fachrichtungen, sollen spätestens im Jahr 2001 zur Implantation verfügbar sein. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt soll es Blinden ermöglichen, zumindest größere Gegenstände als Gestalt zu erkennen und sich problemlos in fremder Umgebung orientieren zu können. Professor Rolf Eckmiller, Neuroinformatiker in Bonn, koordiniert die Arbeit der Mediziner, Biologen,Technologen und Informatiker an dem neurotechnologischen High-Tech-Produkt, mit dem man sich an der Weltspitze zu etablieren hofft. rolf.eckmiller@nero.uni-bonn.de

Beispielhaft soll auch die Durchführung des dreijährigen Projektes sein, bei dem man eng mit Blinden und Blindenorganisationen zusammenarbeitet und neben der Forschung auch Kosten und Zeitplan bis zur Markteinführung genau kalkuliert sind. Patentanmeldungen und die gezielte Suche nach Risikokapital für die Produktentwicklung laufen, eine gemeinnützige Stiftung wurde ebenso gegründet wie eine Firma, die die kommerzielle Verwertung vorbereitet.

Die Sehprothese kann Blinden helfen, deren Netzhaut geschädigt ist, deren restlicher Sehapparat aber intakt ist. Allein in Europa leiden rund 600.000 Menschen an unheilbaren Erkrankungen der Retina. Schrittweise verschlechtert sich die Sehfähigkeit, weil die lichtempfindlichen Zellen in der obersten Netzhautgewebeschicht verkümmern. Sie liefern immer schlechtere Hell/Dunkel- bzw. Farb-Informationen an die dahinterliegenden Nervenzellen, die elektrische Impulse ans Gehirn weiterleiten.

An dieser Unterbrechung des Informationsflusses von der Netzhaut zum Hirn setzt die Bonner Sehprothese an. Eine Art intelligente Minikamera, in einer Brille untergebracht, überträgt drahtlos Informationen an eine sehr weiche, dünne Mikrokontaktfolie, die an der Netzhaut implantiert ist, und zwar direkt in der Zone der Nervenzellen am Netzhautausgang. Die "elektronische Netzhaut" liefert über die völlig intakten Nervenzellen immerhin eine grobe Sicht der Umwelt, die als "Gestaltwahrnehmung" bezeichnet wird. Obwohl dies von der Wahrnehmung eines Normalsichtigen noch weit entfernt ist, ermöglicht die Neuroprothese den bisher Blinden das eigenständige, problemlose Bewegen in unbekannter Umgebung. [Bild der Wissenschaft, idw] http://www.nero.uni-bonn.de/

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