pte19980423007 Forschung/Entwicklung, Politik/Recht

US-Studie warnt vor "digitaler Rassentrennung"

Weniger als ein Drittel der US-Schwarzen besitzen Heimcomputer


Nashville (pte) (pte007/23.04.1998/11:23) Deutliche Unterschiede zwischen schwarzen und weißen US-Amerikanern zeigen sich bei der privaten Computerausstattung sowie im Zugang zum WorldWideWeb - dies gilt auch bei gleicher Ausbildung und gleichem Haushaltseinkommen, berichtet die Zeitschrift "Science". Die besorgten Wissenschaftler befürchten unter anderem, die "digitale Rassentrennung" gefährde die Zukunft der US-Wirtschaft.

Am größten sei der Unterschied bei High School-Schülern und College-Studenten, so das Forscherteam der Vanderbilt University in Nashville: Weniger als ein Drittel der Schwarzen besäßen einen Heimcomputer, im Gegensatz zu 73 Prozent der Weißen. Und selbst weiße Schüler und Studenten ohne eigenen Computer fanden es offenbar einfacher, einen Zugang zum World Wide Web zu finden als ihre schwarzen Kommilitonen.

37,8 Prozent der Weißen und nur 15,9 Prozent der Schwarzen hatten in den vorangegangenen sechs Monaten das WWW genutzt. Dies sei sehr beunruhigend, so Donna Hoffman, Professorin an der Owen Graduate School of Management der Vanderbilt University und Co-Autorin der Studie. Denn das Internet sei als "wichtiges Werkzeug der Demokratie" hochgelobt worden - dies sei aber nicht von allgemeinem Nutzen, wenn nicht alle einen Zugang dazu hätten. Schwarze Amerikaner hätten ein ebenso hohes Interesse am Internet wie Weiße, aber wesentlich weniger Zugangsmöglichkeiten, so Hoffman. Sie sieht einen dringenden Bedarf für öffentliche Zugangspunkte, so zum Beispiel in Bibliotheken oder Gemeinschaftszentren.

Inzwischen sind über 78 Prozent der öffentlichen Schulen in den USA an das Internet angeschlossen. Von Schulen, an denen mehr als zwei Drittel der Schüler Minderheiten oder einkommensschwachen Schichten angehören, sind es allerdings nur 63 Prozent. Die Studie besagt daß in den USA bisher rund 5 Millionen Schwarze einen Zugang zum WWW gefunden haben, im Vergleich zu 41 Millionen Weißen. Doch die Betroffenen scheinen diesen Zustand ändern zu wollen: Über 27 Prozent der Schwarzen und nur rund 17 Prozent der Weißen planen nach der Studie, in den kommenden 6 Monaten einen eigenen PC zu kaufen.

Internet-Experten befürchten schon seit Jahren ein Zurückbleiben der "Nicht-Informierten" in einem täglich vernetzteren Land. Zwar verdoppelt sich der Internet-Verkehr in den USA derzeit alle 100 Tage. Doch mehr als 42 Millionen US-Amerikaner besitzen keinen eigenen Computer, und mindestens 12 Millionen haben noch nie vom Internet gehört, so Studien der Computerindustrie. Bisher waren die Unterschiede in den Zugangszahlen vor allem unterschiedlichen Bildungsniveaus und fehlender Kaufkraft zugeschrieben worden. Tatsächlich sind regelmäßige
Internet-Nutzer höher gebildet als der Durchschnitt der Amerikaner.

Nach Expertenmeinung bedeutet die rassenspezifische Ungleichheit im Internetzugang vor allem, daß viele Schwarze keinen Anteil haben an einem schnell wachsenden Wirtschaftsbereich, am dazugehörenden Arbeitsmarkt und an Lernmöglichkeiten haben. Doch auch für das Internet selbst und seine stetige Entwicklung werden beunruhigende Folgen erwartet, da es innovationstechnisch stark auf seinen Nutzern beruhe. Wenn ein erheblicher Teil der Bevölkerung ausgeschlossen bleibe, so Telekommunikationsexperte Francois Bar von der Stanford University, dann bleibe das Potential an Ideen weit hinter den eigentlichen Möglichkeiten zurück, und "Un-Gleichberechtigung" werde verstärkt. http://www.vanderbilt.edu [Bild der Wissenschaft, NandoNet, LA Times]

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