pts19970514002 Politik/Recht

Hostasch: "Vollbeschäftigung soll EU-Ziel werden"

Prinzip der Einstimmigkeit bei sozialpolitischen Entscheidungen muß bleiben


Wien (pts002/14.05.1997/12:50) "Für Österreich stellt die Gleichwertigkeit von Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik eine zentrale Forderung bei der EU-Regierungskonferenz dar", bekräftigte Sozialministerin Lore Hostasch heute, Mittwoch, im Zusammenhang mit der "Aktuellen Stunde" zum Thema "Aktueller Stand der EU-Regierungskonferenz". Österreich werde darauf drängen, "die Vollbeschäftigung ganz klar als Ziel der EU zu definieren." Zudem dürfe aus österreichischer Sicht das Prinzip der Einstimmigkeit bei sozialpolitischen Entscheidungen nicht verlassen werden. "Das würde zu einem Europa der zwei Geschwindigkeiten führen", warnte die Sozialministerin. Im EG-Vertrag soll außerdem der Grundsatz der "Gleichbehandlung von Männern und Frauen" auf das gesamte Arbeitsleben ausgeweitet werden. "Wir wollen erreichen, daß positive Maßnahmen zur Besserstellung von Frauen beibehalten oder eingeführt werden können, um eine tatsächliche Gleichstellung zu erreichen."

Hostasch sagte, Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik müßten den gleichen Stellenwert erhalten: "Das Ziel Vollbeschäftigung soll explizit in die EG-Verträge als allgemeine Zielsetzung festgeschrieben werden." Erfreulich sei, daß es mittlerweile keinen EU-Mitgliedsstaat mehr gebe, der die Schaffung eines eigenen Beschäftigungskapitels ablehne. Dennoch bestünden aber hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung auseinandergehende Vorstellungen, so Hostasch.

Österreich habe seine Position bereits deutlich dargelegt. Über die allgemeine Zielsetzung "Vollbeschäftigung" seien folgende konkrete Ziele einer europaweiten gemeinsamen Beschäftigungsstrategie vorgeschlagen worden:

* Erreichung der Vollbeschäftigung, die allen Männern und Frauen in der Union einen durch frei gewählte, produktive Arbeit dauerhaften Lebensstandard ermöglichen soll;
* die Förderung einer ausgewogenen Verteilung von Arbeit, insbesondere durch die Entwicklung neuer Formen der Umverteilung von Arbeit;
* die Förderung des Produktivitätswachstums und der Wettbewerbsfähigkeit als Voraussetzung für Wirtschaftswachstum und Einkommenszuwächsen;
* die aktive und frühzeitige Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, insbesondere jene der Jugendlichen, der älteren Menschen, der Behinderten und der Langzeitarbeitslosen sowie der sozialen Ausgrenzung.

Ztl: Gleichstellung von Männern und Frauen stärken

Ein weiteres Anliegen der Regierungskonferenz sei die Ausweitung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, informierte Hostasch: "Dieser muß nun auf das gesamte Arbeitsleben ausgedehnt werden." Das derzeit in der Realität bestehende Ungleichgewicht in den Berufsmöglichkeiten für Frauen müsse tatsächlich beseitigt werden. Österreich setze sich besonders dafür ein, daß positive Maßnahmen zur Besserstellung von Frauen beibehalten oder eingeführt werden können, um die tatsächliche Gleichstellung zu erreichen.

Ztl: "Kein Europa der zwei Geschwindigkeiten"

Unter dem Schlagwort "Flexibilisierung" werde in der Regierungskonferenz die Möglichkeit diskutiert, daß künftig nicht alle Mitgliedsstaaten einem Beschluß auf EU-Ebene zustimmen müssen, sondern nur jene, die dies wünschen. Die Entscheidung würde folglich auch nur jene Länder binden, die sie mitgetragen haben. - Für Hostasch ein Bestreben, das Österreich keinesfalls mittragen könne: "Durch solche Regelungen würde ein Europa der zwei Geschwindigkeiten geschaffen", warnte die Sozialministerin: "Das heißt, ein Europa mit einem hohem Niveau an sozialen Standards und ein anderes Europa, das im Sozialbereich weite Felder ungeregelt läßt oder einen ungenügenden arbeitsrechtlichen Schutz schafft. Das ist weder aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus wünschenswert, noch aufgrund von beschäftigungs-, arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften." Unterschiedliche sozial- und arbeitsrechtliche Bestimmungen würden zu Wettbewerbsverzerrungen und Sozialdumping führen, schloß Hostasch.

(Ende)
Aussender: Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
Ansprechpartner: Dr. Gisela Kirchler-Lidy, email: gisela.kirchler@bmas.gv.a
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