pts19970319002 Politik/Recht

Hostasch: Arbeitszeit-Flexibilisierung soll auch Beschäftigungseffekte bringen

Neues Gesetz wäre tragfähiger Kompromiß - Interessen der Arbeitnehmer müssen


Wien (pts002/19.03.1997/13:29) Das neue Arbeitszeitgesetz sowie Änderungen im Arbeitsruhegesetz werden heute, Mittwoch, im Nationalrat debattiert. Sozialministerin Lore Hostasch bezeichnete den vorliegenden Entwurf des Arbeitszeitgesetzes als "guten und tragfähigen Kompromiß, der die unterschiedlichen Interessenslagen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Einklang bringt". Jetzt gehe es darum, die vom Gesetz erweiterten Möglichkeiten zur Arbeitszeitgestaltung mit "viel Phantasie und gegenseitigem Vertrauen auch im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit einzusetzen". Die Sozialpartner verfügten nun über einen breiteren Spielraum, der im beruflichen Alltag sehr verantwortungsbewußt eingesetzt werden müsse, sagte Hostasch: "Mit Respekt davor, daß Arbeitszeit für Arbeitnehmer ein ganz entscheidendes Faktum für Lebensqualität und die Einkommenssituation des einzelnen ist."
Hostasch betonte, daß auch künftig flexible Arbeitszeitmodelle nur insofern zugelassen sein werden, als sie mit den Prinzipien des Arbeitnehmerschutzes und den berechtigten Interessen der Arbeitnehmer auf Wahrung ihrer Zeitsouveränität nicht im Widerspruch stehen würden: "Flexible Arbeitszeiten dürfen nicht nur wirtschaftliche Vorteile für die Unternehmen bieten, sondern müssen auch Vorteile für die Arbeitnehmer bringen", sagte die Sozialministerin.
Als besonders wichtige Regelung bezeichnete Hostasch, daß Betriebsvereinbarungen nicht an die Stelle von Kollektivverträgen treten können. Die Sozialpartner könnten innerhalb des erweiterten gesetzlichen Rahmens die Möglichkeit nutzen, neue Arbeitszeitmodelle in den Kollektivverträgen selbst festzulegen oder den erweiterten Spielraum an Betriebs- oder Einzelvereinbarungen weitergeben. Die Einbeziehung der überbetrieblichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer sei sichergestellt, so Hostasch. Daß ein Schlichtungsverfahren - es setzt ein, wenn keine Einigung über den Kollektivvertrag zustande kommt - nicht im Gesetz geregelt ist, hält die Sozialministerin für einen richtigen Schritt. Es handle sich bei diesem Instrument nicht um eine "staatliche Zwangsschlichtung", sondern um eine Instanz auf Sozialpartnerebene, der sich die Interessenvertretungen freiwillig unterworfen haben.
Die Durchrechnung der Normalarbeitszeit bedeute keinesfalls, daß Überstunden generell abgeschafft werden, sagte Hostasch: "Beträgt die Arbeitszeit mehr als 40 Stunden pro Woche oder acht bzw. neun Stunden am Tag und tritt nicht innerhalb des Durchrechnungszeitraumes ein Ausgleich durch entsprechend kürzere Arbeitszeiten ein, dann liegt nach wie vor zuschlags- oder ausgleichspflichtige Überstundenarbeit vor", stellte Hostasch klar.
Zwt:Die wichtigsten Neuregelungen im Detail
*Die Durchrechnung der Normalarbeitszeit (innerhalb dieser Frist muß die Arbeitszeit rechnerisch ausgeglichen werden) soll mit einem Durchrechnungszeitraum bis zu einem Jahr durch Kollektivvertrag (Jahresarbeitszeitmodell) ermöglicht werden. Der Durchrechnungszeitraum kann mehr als ein Jahr betragen, wenn blockweiser Zeitausgleich vorgesehen ist. Dadurch ist auch ein mehrjähriges Ansparen von Zeitguthaben möglich.

*Die 8-stündige Normalarbeitszeit sowie die wöchentliche Normalarbeitszeit im Ausmaß von 40 Stunden wird grundsätzlich beibehalten. Bei einer abweichenden Verteilung der Arbeitszeit - etwa um am Freitag "Frühschluß" zu erreichen - kann die tägliche Normalarbeitszeit wie bisher auf neun Stunden ausgedehnt werden.
*Bei blockweisem Zeitausgleich durch freie Tage beziehungsweise Wochen kann durch Kollektivvertrag eine tägliche Normalarbeitszeit von zehn Stunden zugelassen werden. Auch in diesem Fall kann der Kollektivvertrag die Ermächtigung an Betriebsvereinbarungen weitergeben.
*Eine tägliche Normalarbeitszeit von zehn Stunden kann durch Kollektivvertrag bei einer "4-Tage-Woche" und einer Durchrechnung der Normalarbeitszeit mit blockweisem Zeitausgleich zugelassen werden. - Auch hier gibt es eine "Weitergabebefugnis" des Kollektivvertrages an die Betriebsvereinbarung. Der Entwurf sieht solche Ausnahmefälle jedoch nur dann vor, wenn sie auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind.
*Der Zeitausgleich für Überstunden im Verhältnis von 1:1,5 Stunden wird ausdrücklich zugelassen. Der Überstundenzuschlag im Ausmaß von 50 Prozent (bessere kollektivvertragsrechtliche Regelungen sind auch weiterhin möglich) bleibt unverändert. Wie die Abgeltung der Überstunden erfolgt - Geld oder Zeitausgleich - ist grundsätzlich zu vereinbaren.
*Bei Ausgleichsmaßnahmen für die langfristige Durchrechnung der Normalarbeitszeit wird es eine Einschränkung des Weisungsrechtes des Arbeitgebers geben. Weiters enthält der Entwurf Regelungen über die Abgeltung von Zeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Durchrechnungszeitraumes und über den einseitigen Abbau von Zeitguthaben durch den Arbeitnehmer.
*In jenen Fällen, wo keine Kollektivvertragspartner auf Arbeitgeberseite vorhanden sind, ist durch die Verpflichtung zur Übermittlung der Betriebsvereinbarungen an die überbetrieblichen Arbeitnehmer-Interessenvertretungen sichergestellt, daß diese die Entwicklung der Arbeitszeitgestaltung auf Betriebsebene im Auge behalten können.

(Ende)
Aussender: Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
Ansprechpartner: Dr. Gisela Kirchler-Lidy, email: gisela.kirchler@bmas.gv.a
Website: www.bmags.gv.at/
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