pts19970306001 Politik/Recht, Unternehmen/Wirtschaft

Hostasch: "Solidarisches Sozialversicherungssystem beibehalten"

"Umstellung auf ein Kapitaldeckungsverfahren nicht zielführend"


Wien (pts001/06.03.1997/14:46) Ein Plädoyer für die "solidarische Sozialversicherung" hielt Sozialministerin Eleonora Hostasch in einem Referat im Rahmen einer Enquete der AK Wien und des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger zum Thema "Pflichtversicherung oder Versicherungspflicht" Mittwoch vormittag in Wien. In ihrer Argumentation für die Pflichtversicherung verwies Hostasch u.a. auf Erfahrungen in Deutschland. Dort hätten selbst die Privatversicherer festgestellt, daß ein Finanzierungsverfahren über Kapitaldeckung das Umlageverfahren in der Pensionsversicherung nicht ersetzen könne. Gleichermaßen sprach sich Hostasch für die soziale Krankenversicherung aus. Ein erklärtes Ziel sei nämlich, eine "Zwei-Klassen-Medizin" zu verhindern, so Hostasch.

In der Diskussion um die Finanzierbarkeit des Sozialstaates werde häufig die Versicherungspflicht als Rezept gegen Finanzierungsprobleme angeführt, so die Sozialministerin. In der Diskussion um "Kapitaldeckungs- versus Umlageverfahren" müsse aber ehrlicherweise gefragt werden, ob es dabei nicht eher um "Entsolidarisierung versus Solidarität" gehe. Zur Untermauerung ihres Standpunktes verwies Hostasch auf die Situation in Deutschland, wo man "beinahe schon einen Schritt zu weit" gegangen sei. In der dortigen Diskussion über eine Umstellung auf das Kapitaldeckungsprinzip hätten sogar die deutschen Privatversicherer festgestellt, daß es bei beiden Prinzipien "nicht um ein Entweder-Oder, sondern nur um ein Sowohl-als-auch gehen kann". Die Privatversicherungen sprechen sich dafür aus, daß "die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung auch in Zukunft als Regelsicherungssystem das mit Abstand größte Gewicht behalten muß".

Hostasch verwies weiters auf ein besonderes Problem des Kapitaldeckungsverfahrens: Bei einer Umstellung würde eine Generation besonders belastet, denn sie müßte das auslaufende bestehende System in der Übergangsphase mitfinanzieren und zugleich die Kapitaldeckung für die eigene Alterssicherung aufbauen. Hostasch wandte sich im weiteren gegen die Verunsicherung durch private Versicherer, die die Finanzierbarkeit der sozialen Sicherheit leichtfertig in Frage stellen, gleichzeitig aber öffentliche Beitragserhöhungen ablehnen und damit eine Leistungsverschlechterung der Sozialversicherung fordern, um dann eine ähnliche Absicherung durch Erhöhung privater Versicherungsbeiträge zu erreichen. "Unter dem Schlußstrich bleibt nichts anderes als weniger Leistung für den Versicherten und höhere Beiträge", warnte Hostasch. In gewissen Bereichen und Nischen hätten Privatversicherer durchaus eine Rolle zu spielen - "in jedem Fall gilt aber: Nicht 'Sozialversicherung oder Privatversicherung' sondern 'Sozialversicherung und Privatversicherung'", so die Sozialministerin.

Ähnliches gelte für die Krankenversicherung. Dort gebe es einen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Menschen mit hohem und mit niedrigem Krankheitsrisiko, zwischen Familien mit vielen Kindern und Doppelverdienern ohne Kinder und zwischen besser und schlechter Verdienenden. "Um diesen Solidarausgleich auf breitester Basis zu sichern, ist eine gesetzliche Pflichtversicherung notwendig", betonte Hostasch. Eine "Zwei-Klassen-Medizin", die die Kosten "privatisiert" und bei der sozial Schwächere auf der Strecke bleiben, müsse verhindert werden.

(Ende)
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